Tödlicher Sprung nach Europa

Bei einem Massenansturm auf die spanische Exklave Ceuta in Marokko sterben fünf Afrikaner. Madrid will jetzt Soldaten zum Schutz des Grenzzauns schicken

ALGIER taz ■ Am Grenzzaun zwischen Marokko und der spanischen Ekklave Ceuta sind in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen. Das teilte die Vizepräsidentin der spanischen Regierung, María Teresa Fernández de la Vega, gestern in Sevilla mit.

Zwei starben auf der spanischen Seite der Barriere. Das Innenministerium in Madrid gab bekannt, einer sei beim Überklettern des Grenzzaunes gestorben. Der andere sei gestürzt und von den nachströmenden Menschen zu Tode getrampelt worden. Auf marokkanischem Territorium starben zwei Flüchtlinge, weil sie von spanischen Gummigeschossen getroffen wurden, teilten marokkanische Sicherheitsbehörden mit. Wie der fünfte Flüchtling ums Leben kam, war zunächst nicht bekannt. Über 60 Afrikaner mussten in Spanien und Marokko ärztlich behandelt werden. Insgesamt 80 Afrikaner sollen nach Ceuta – und damit in die EU – gelangt sein.

Die spanische Grenzpolizei ist völlig überfordert. Seit Wochen strömen Nacht für Nacht hunderte von Afrikanern, die in improvisierten Zeltlagern in den nahegelegenen marokkanischen Wäldern hausen, an die Grenzzäune. Mit Plastiktüten und Ästen zurren sie selbstgefertigte Leitern zusammen und stürmen in großen Gruppen die Grenzanlage. Zwar greift die spanische Polizei mit Schlagstöcken und Gummigeschossen ein. Doch immer wieder gelingt ganzen Gruppen der Sprung nach Europa. Ein Ende ist nicht abzusehen. Die Auffanglager in Ceuta und Melilla sind überfüllt. Denn die Behörden können die meisten der Armutsflüchtlinge nicht abschieben, da es mit ihren Herkunftsländern keine Rücknahmeabkommen gibt.

„Es ist sehr wahrscheinlich, dass es trotz des professionellen und angemessenen Einsatzes der Polizeikräfte zu unerwünschten Situationen kommt, nicht nur, was die Unversehrtheit der Angreifer angeht, sondern auch die der Beamten“, erklärte der spanische Staatssekretär für Sicherheitsfragen, Antonio Camacho, gestern vor dem Parlament in Madrid. Er kündigte an, dass neben der bis Februar vorgesehenen Erhöhung des Zaunes von 3 auf 6 Meter zusätzliche Wärmesensoren und Lichtschranken installiert werden sollen. Der spanische Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero traf sich gestern in Sevilla mit seinem marokkanischen Amtskollegen Driss Jettou. Er beorderte Soldaten an die Grenzanlagen, um die Polizeikräfte zu unterstützen. REINER WANDLER