Wissenschaftliche Eigenwerbung

Die FU stellt eine Studie vor, wie mit straffälligen Jugendlichen pädagogisch sinnvoll gearbeitet werden kann. Dabei schneidet die von einem FU-Professor entwickelte Methode am besten ab

VON PLUTONIA PLARRE

Was tun mit jugendlichen Gewalttätern? Schluss mit der Kuschelpädagogik und wegsperren – sagen die einen. Dabei haben sie Taten wie die in Zehlendorf vor Augen, wo ein 16-Jähriger vor wenigen Wochen einen 7-Jährigen erschlug. Auf die Jugendlichen mit sozialen Trainingsmaßnahmen einwirken – sagen andere. Das geschieht in dem Glauben, dass Knast junge Menschen nicht besser, sondern schlechter macht.

Jürgen Körner, Professor für Erziehungswissenschaften an der Freien Universität (FU), hat mit einem Team die Wirksamkeit von pädagogischen Maßnahmen bei straffälligen Kindern und Jugendlichen untersucht. Das Ergebnis: Richter warten viel zu lange ab, bis sie Jugendliche zur Teilnahme an Trainingskursen verdonnern. Auch die Auswahl der Maßnahmen sei zu beliebig. Nur wenn der Trainingskurs konkret auf die Persönlichkeit des Jugendlichen zugeschnitten sei, könnten gute Erfolge erzielt werden, sagte Körner gestern bei der Vorstellung einer Studie.

Ganz uneigennützig machte er diese Feststellung allerdings nicht. Am besten in seiner Untersuchung hat ausgerechnet ein Projekt namens „Denkzeit-Training“ – und das hat der Professor höchstpersönlich mitentwickelt.

Die Studie ist vom Bundesjugendministerium mit 300.000 Euro gefördert worden. Analysiert worden sind drei verschiedene Trainingsmethoden für straffällige Jugendliche in Berlin: die Betreuung durch die Bewährungshilfe, soziale Trainingskurse für Gruppen, die von Trägern wie der Freien Hilfe angeboten werden, sowie das Denkzeit-Training. In der Untersuchung sind zwischen 1999 und 2004 insgesamt 192 Jugendliche begleitet worden. 55 Jugendliche unterstanden der betreuten Bewährungshilfe, 56 nahmen an sozialen Trainingskursen teil, 61 am Denkzeit-Training.

In der Bewährungshilfe muss sich ein Bewährungshelfer um 60 bis 70 Jugendliche kümmern. „Für den Einzelnen bliebt da nicht viel Zeit“, so Körner. Bei den sozialen Trainingskursen kümmern sich zwei Pädagogen um etwa 8 Jugendliche. Bei Denkzeit ist das Verhältnis 1 zu 1. Dort wird mit dem Jugendliches ein auf diesen zugeschnittenes Programm durchgearbeitet. Kostenpunkt für den neunmonatigen Trainingsdurchgang: 2.600 Euro.

Die Jugendlichen mit Bewährungshelfer seien vorher pro Jahr im Schnitt 3,6 Mal straffällig geworden, hinterher 1,3 Mal. Bei den Teilnehmern des sozialen Trainingskurses waren es vorher 4,6 und hinterher 1,3. Am besten habe die Denkzeit-Methode – 3,9 zu 0,6 – abgeschnitten.

„Wir glauben nicht, dass eine Methode für alle die richtige ist“, sagte Körner. Um den Richtern die Entscheidung zu erleichtern, legte er ihnen nahe, von einem von Denkzeit entwickelten Fragebogen Gebrauch zu machen. Das von den Jugendlichen ausgefüllte Papier könne Aufschluss darüber geben, welches Training am besten geeignet sei.