Die Globalisierung wird schneller

Die Investitionen privater Unternehmen im Ausland erreichen weltweit den höchsten Wert seit dem Crash der New Economy. Spitzenreiter sind die USA, China liegt dicht auf. Auch Forschung und Entwicklung verlagern sich zunehmend in den Süden

VON ARIANE BRENSSELL

Die Geschwindigkeit der Globalisierung nimmt wieder zu. Diesen Trend stellt der neueste Investitionsbericht der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (Unctad) fest. Die ausländischen Direktinvestitionen sind erstmals seit dem Crash der New Economy 2001 wieder gestiegen – um 2 Prozent auf 648 Milliarden Dollar weltweit in 2004.

Die Vereinigten Staaten ziehen die meisten Investitionen an, ihr folgen Großbritannien und China. Auffällig sind vor allem die zunehmenden Direktinvestionen in wenigen Schwellenländern. Allein nach China flossen im vergangenen Jahr 61 Milliarden Dollar von ausländischen Unternehmen, die dort neue Produktionsstätten eröffneten oder sich an chinesischen Firmen beteiligten. Zum Vergleich: In Indien, der zweiten aufstrebende Wirtschaftsmacht Asiens, wurden rund 7 Milliarden Dollar privat investiert, in die USA 96 Milliarden Dollar.

Eine neue Tendenz macht der Bericht bei der Internationalisierung der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten aus: Auch sie werden aus den Industriestaaten des Nordens zunehmend in die Schwellenländer des Südens verlagert. 1994 waren dort lediglich 3 Prozent der weltweiten Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten präsent, doch schon 2002 stieg der Anteil auf 10 Prozent.

Setzt sich diese Entwicklung fort, würde sie einer Grundannahme der Wirtschaftspolitik von Industriestaaten widersprechen: Auch Deutschland versucht Standortvorteile und Arbeitsplätze durch die Konzentration auf wissensintensive Produktion, sowie Forschung- und Entwicklungsaktivitäten zu sichern.

In Europa nahmen die Investitionen 2004 um 38 Prozent ab. Dabei gab es große Unterschiede zwischen den 15 alten und den zehn neuen Mitgliedsländern: Während die Auslandsinvestitionen in den alten Mitgliedstaaten um 40 Prozent sanken, stiegen sie in Tschechien, Ungarn und Polen an. Die größten Investoren in Osteuropa kamen aus Frankreich, Österreich, den USA und Deutschland. Aus Deutschland selbst floss 2004 mehr Geld ab, als hereinkam: Das Minus betrug 39 Milliarden Dollar. Im Jahr 2002 hatte Deutschland mit einem Plus von 51 Milliarden Dollar noch einen der Spitzenplätze bekleidet.

Allerdings seien die Zahlen insgesamt wenig aussagekräftig, kommentiert Rainer Falk, Herausgeber des kritischen „Informationsbriefs Weltwirtschaft und Entwicklung“: „In den Industrieländern sind die Schwankungen in den ausländischen Direktinvestitionen von Jahr zu Jahr sehr groß.“ Es sei erstaunlich, wie wenig die Unctad die Rolle der Investionen als Wachstumsmotor in Frage stelle, so Falk.

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