Neues Anrennen auf Melilla

Wieder stürmen 700 schwarzafrikanische Flüchtlinge den Stacheldraht der spanischen Enklave in Marokko. Spanien schickt Legionäre an die Grenze

MADRID taz ■ In den frühen Morgenstunden des gestrigen Montags haben erneut um die 700 Schwarzafrikaner aus Marokko den Grenzzaun gestürmt, der die spanische Enklave Melilla von Marokko trennt. An zwei Stellen gelang es ihnen, die Sperrgitter auf einer Länge von jeweils 20 Metern niederzureißen. 350 Menschen gelangten nach Melilla und damit in die EU.

Der Durchbruch erfolgte an einer Stelle, die als besonders sicher galt. Vor wenigen Tagen war der Zaun dort von drei auf sechs Meter erhöht worden. Weder die paramilitärische Guardia Civil noch die spanische Armee hatte deshalb diesem Abschnitt besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die Flüchtlinge bemerkten dies und brachen durch. Vier Polizeibeamte und drei Soldaten wurden durch Steinwürfe verletzt. Über 135 Flüchtlinge zogen sich nach Angaben des spanischen Innenministeriums bei dem Durchbruch Verletzungen zu. 130 wurden ambulant verarztet. Fünf wurden ins Krankenhaus eingeliefert, vier davon wurden operiert.

Stadtpräsident Juan José Imbroda beschwerte sich gestern über mangelnde Zusammenarbeit seitens der marokkanischen Grenzbehörden. „Die Lösung muss von der anderen Seite kommen“, ist er sich sicher. In den angrenzenden marokkanischen Wäldern leben unter unwürdigsten Bedingungen tausende von schwarzafrikanischen Flüchtlingen auf dem Weg nach Europa. Imbroda beschwerte sich außerdem über die Abordnung von 500 Legionären der spanischen Armee an die Grenze. Kritiker dieser Maßnahme der spanischen Regierung befürchten, dass Soldaten nicht die geeignete Ausbildung haben, um Flüchtlinge ohne Schusswaffengebrauch zurückzuweisen. Vor den Kanarischen Inseln kamen unterdessen am Wochenende 19 Afrikaner beim Versuch ums Leben, mit kleinen Booten auf spanisches Gebiet zu gelangen. Ein mit 34 Flüchtlingen besetztes Boot kenterte vor der Insel Fuerteventura. Drei Insassen konnten nur noch tot geborgen werden. 14 wurden im Meer vermisst. Bei Gran Canaria kamen zwei weitere Afrikaner zu Tode.

Am Wochenende sprachen sich die Außenminister von elf Mittelmeer-Anrainerstaaten im tunesischen Hammamet für eine grenzübergreifende Zusammenarbeit gegen illegale Einwanderung aus. Spaniens Außenminister Miguel Angel Moratinos verlangte eine „globale Herangehensweise“. Die nordafrikanischen Staaten würden von Herkunftsländern der Einwanderer zunehmend zu Transitländern. REINER WANDLER