Sex and the Baumarkt

Mit ihrer sexistischen „Woman at Work“-Kampagne sorgt die Firma Hornbach für Irritationen bei Angehörigen beiderlei Geschlechts. Die Zielgruppe, Frauen zwischen 20 und 39, springt darauf an

VON ARNO FRANK
UND CLEMENS NIEDENTHAL

Es ist ein modisches Werbewerkzeug, das Heftchen im Heftchen. In diesem konkreten Fall: das Hornbach-Heftchen in der Brigitte, das Hornbach-Heftchen in der Maxi. Wer so umfangreich auf vierzehn Doppelseiten in Erscheinung tritt, der hat bestimmt etwas zu sagen. Und er kann es sich leisten, den vierfarbigen Flyer in einer Auflage von fünf Millionen Exemplaren unters Volk zu bringen. Was auf einem immer noch kriselnden Anzeigenmarkt längst nicht mehr selbstverständlich ist. Vielleicht hat man bei der Brigitte und der Maxi auch deshalb nicht ganz so genau hingesehen, als da eine Baumarktkette mit ihrem Heftchen im Heftchen um die Ecke kam. Sah ja auch alles so hübsch postmodern aus. Und das „Women at Work“-Logo, so ganz und gar leuchtend gelb, passte das nicht wunderbar in die blatteigene „Ich und mein Freund, der Körper“-Dialektik? Immer und überall basteln wir am eigenen Selbst, warum nicht mit den Hilfsmittelchen aus einem Hornbach-Prospekt?

Ärgerlich nur, dass, wie gesagt, dann doch keiner so genau hingeguckt hat. Und keiner Sachen gesehen hat wie diese: eine Doppelseite, drei Bluttropfen, ein verbogener Nagel, daneben der Text: „Mein erstes Mal mit Hornbach“. Oder jene unter vollem Weichzeichnereinsatz drapierte Frau, die Hände irgendwo im Schoß versunken. „Do it yourself“ steht daneben. Womit? Nun, mit einem „Tapetenschaber“ zum Beispiel, „rutschfest genoppt, austauschbarer Einsatz“. Oder mit einer „Rundraspel, 35 mm Durchmesser, rostfrei, hohe Steifigkeit.“ Bei „Trennungsschwierigkeiten“ hilft derweil eine „McCulloch-Kettensäge“. Und zwar „365 Tage zum Dauertiefpreis“.

Hach, was werden sie gelacht haben, die postfeministischen Werberinnen und Werber. Und sich vielleicht sogar kurz wie Harald Schmidt gefühlt haben. Wahrscheinlicher aber bloß wie Stefan Raab. Ist ja so hübsch zweideutig das Ganze. Nur wo, bitte schön, hat sich die erste Bedeutung versteckt?

Gute Werbung, so hat es ein guter Werber einmal gesagt, bekämen leider zumeist solche Produkte ab, die Werbung eigentlich gar nicht mehr nötig hätten. Zumindest Letzteres mag für den Baumarkt zutreffen, der wie geschaffen ist für eine Gegenwart, die vor allem von zwei Dingen trunken ist: den Schnäppchen und der (zumindest suggerierten) Selbstverwirklichung. Weswegen Hornbach in besagter „Women at Work“-Broschüre, neben den erwähnten Geschmacklosigkeiten, vor allem von zwei Dingen spricht: von „Dauertiefpreisen“ und von „Projekten, mit denen Du wachsen wirst“.

Der einstige Branchenzwerg gewinnt gegenüber den Branchenriesen Obi oder Praktiker beständig an Marktanteilen. Weil allenthalben die Preise steigen, Handwerker teuer sind und die Zahl der Single-Haushalte in Deutschland kontinuierlich wächst. Dazu kommen die Werbe-Effekte der zahlreichen Heimwerker-Sendungen im Privatfernsehen – und eben Werbekampagnen wie „Woman at Work“, die frontal – und bewusst provokant – um weibliche Kunden wirbt. Anja Meyer von der Deutschen Handwerker-Akademie schätzt: „Etwa ein Drittel aller Heimwerker sind Frauen“, den Trend gebe es seit etwa zwei Jahren.

Und weil seine Kampagne seit 2003 läuft, fühlt sich Jürgen Schröcker, bei Hornbach verantwortlich fürs Marketing, denn auch als Trendsetter: „Die Zeiten, als fürsorgliche Ehefrauen höchsten für ihren Partner die Leiter halten oder den Bohrstaub wegsaugen dürfen, sind längst vorbei.“ Allein der Slogan „Woman at Work“ habe Kultstatus, angeblich hat Hornbach bereits 20.000 T-Shirts mit dem Aufdruck verkauft. Slogan und Flyer zielen dabei auf exakt dieselbe Zielgruppe, in der auch Sendungen wie „Sex And The City“ oder „Desperate Housewifes“ ihre Zuschauerinnen finden. Es ist die „strategische Zielgruppe“ der 20- bis 39-jährigen Frauen, postfeminin und zotenfest.

In unironischen Zeiten wäre die Kampagne eine Frechheit. Nur gut also, dass wir in ironischen Zeiten leben, vielleicht sogar in lächerlichen. Yippie yaya yippieyippie yeah.