Protest gegen Samsung

Jeden Freitag machen die Mitarbeiter des vor der Schließung stehenden Samsung-Werks mobil. 500 Beschäftigte besuchen koreanische Botschaft

VON BENJAMIN HERTZ

„Einen anderen Zeitgeist gestalten“, ruft Gysi in die Menge und bekommt ein zustimmendes Trillerpfeifenkonzert als Antwort. Von einem Zeitgeist, in dem die Arbeiter gemeinsam gegen die Willkür der globalisierten Unternehmen ankämpfen, redet er. Das hört sich zwar nach Klassenkampf des vergangenen Jahrhunderts an. Doch der Zuspruch, den Gysi für solche Sätze bekommt, ist sehr aktuell. Um die 500 Mitarbeiter des Samsung-Werkes Oberschöneweide jubelten ihm gestern zu. Die IG Metall hatte zu einem Autokorso und einer Kundgebung vor dem Charlottenburger Tor in Charlottenburg aufgerufen.

Um gegen die „menschenverachtende Schließung“ des Bildröhrenwerkes zu protestieren, so ein Gewerkschaftsfunktionär. Denn Samsung plant, ab Januar das Werk stillzulegen. Die neue Produktion von Flachbildschirmen soll in Ungarn erfolgen. Dass die Produktion umgestellt werden musste, war allerdings schon lange klar. Trotzdem behauptete der Konzern noch im Februar, Bildröhren seien über Jahre zu verkaufen. Dass man dabei die Fördermittel des Senats im Auge hatte, wird dem südkoreanischen Konzern jetzt vorgeworfen. Deshalb prüft Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei.PDS), ob einige dieser Gelder zurückgeholt werden können. Falls der Konzern jedoch in eine zukunftsfähige Produktion investieren sollte, stellt Wolf weitere Förderungen in Aussicht.

Im Anschluss an die Kundgebung gaben die Betroffenen eine Petition an der südkoreanischen Botschaft ab. Auch Gysi versprach, sich mit dem Botschafter zu treffen. „Mehr konnte er dann ja aber auch nicht versprechen“, so eine der Demonstrantinnen, „denn die Politiker, die können ja auch nicht mehr viel machen. Die Manager von Samsung, die haben Fehler gemacht und nicht rechtzeitig die Produktion umgestellt. Das dürfen wir jetzt ausbaden“, sagt sie und zeigt auf das Plakat in ihren Händen: „75 Millionen Euro für das Logo des Samsung Handys auf den Chelsea Trikots, aber leider bin ich nur ein Mensch und bald arbeitslos“, steht drauf. So hoffnungsvoll, wie die Veranstaltung sich gibt, hört sich das nicht an.

Trotzdem ist schon für nächsten Freitag in Köpenick ein Benefizkonzert organisiert. Wie das Schicksal der 750 Mitarbeiter tatsächlich ausgeht, wird wohl in Südkorea entschieden – und nicht in Köpenick.