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: In „SommerHundeSöhne“ von Cyril Tuschi gehts ab in den Süden

Ein Muttersöhnchen und ein Macho fahren von Berlin nach Tanger! Wie bei jedem guten Roadmovie lässt sich auch hier der Plot in solch einem kurzen Satz zusammenfassen. Doch das Schöne sind die Nebenstrecken, Pannen und Pausen: die seltsamen Dinge, die den Reisenden zustoßen, und die nicht einmal dramaturgisch ausgefüttert werden müssen, weil auf Reisen halt immer Unerwartetes geschieht. Bei einem gelungenen Roadmovie vertraut der Filmemacher der Reise, lässt sich von ihr inspirieren, fährt im Grunde zusammen mit den Schauspielern und seiner Crew auf der Straße entlang, und baut, was dabei so passiert, in seinen Film ein. Diesen Eindruck bekommt man schon sehr bald bei dem Debüt des in Kroatien geborenen Regisseurs Stipe Erceg.

Nachdem Frank mit dem elterlichen Wohnmobil auf einem Parkplatz versucht, anzufahren und dabei das Motorrad von Marc kaputtmacht, entführt dieser kurzerhand Auto und Insassen , um möglichst schnell die Stadt zu verlassen, weil die Polizei hinter ihm her ist. Der Traumtänzer wird von dem Filou davon überzeugt, dass dies seine große Chance ist, auszubrechen, und so raufen sich die beiden möglichst spektakulär und amüsant zusammen. Unterwegs gabeln sie noch mit der schönen und geheimnisvollen Ilvy sowie dem Streuner Pauli zwei Mitreisende auf, und dabei wird ihre Fahrt immer märchenhafter. Denn obwohl Erceg offensichtlich Genrefilme liebt, läßt er sich nicht durch deren Konventionen einengen, und so inszeniert er seine Filmreise nicht so realistisch, wie allgemein üblich, sondern als eine Phantasmagorie. Da können sich wie durch Zauberhand (oder den simplen Filmtrick der Überblendung) die Reisenden aus einer hässlichen Stadtlandschaft in eine Wüstenoase wünschen, da trifft man unter all den Fremden immer genau die Person, an die man gerade denkt. Und da wird der Film in einer spanischen Kulissenstadt plötzlich für eine paar Szenen zu einem Western, in dem unsere beiden Helden im Saloon mit den Räubern ihres Wohnmobils abrechnen, und sie dann von einem lassoschwingenden Cowboy verfolgt werden. In sich schlüssig und auch nur halbwegs plausibel ist die ganze Geschichte nur dann, wenn sie sich als Tagtraum des auf dem Parkplatz gelangweilt auf seine Eltern wartenden Frank entpuppt, aber diese ernüchternde Schlussvolte erspart uns Cyril Tuschi zu Glück. Da lässt er seinen Film lieber unordentlich in der Luft hängen, und dies macht ihn sympathisch.

Tuschi traut sich was, wenn er seinen Film so in alle Richtungen fliegen lässt. Der strenge Kritiker vom „filmdienst“ tadelte auch gleich die zahlreichen „Anschlussfehler“, ohne dabei zu erwähnen, dass diese keine Patzer sondern Stilmittel sind. Denn mit solchen Tricks vermittelt der Film ganz unmittelbar seinen Übermut und seine Aufbruchstimmung. Zusammengehalten wird all das durch die Präsenz der Schauspieler, denen man gerne auch noch auf die staubigsten Feldwege Spaniens folgt. Stipe Erceg aus „Die fetten Jahre sind vorbei“ spielt hier wieder einen kantigen, widersprüchlichen Charakter, der sehr nuanciert die Risse in seinem Mackerpanzer durchscheinen lässt. Fabian Busch, den man aus „23“ und „Liegen Lernen“ kennt, gibt ebenso glaubwürdig und intensiv den naiven Träumer. Wie die meisten Debütanten will auch Cyril Tusch ohne Rücksicht auf Verluste zeigen, was er alles kann. Da klappt längst noch nicht alles, aber man schaut gerne und ist gespannt auf seinen nächsten Film, der dann „Lauf Jäger Lauf“ heißen soll. Wilfried Hippen