Willi Lemke weit abgeschlagen

SPD-Basis kürt Fraktionschef Jens Böhrnsen zum designierten Nachfolger von Henning Scherf. Grüne sehen „mehr Gemeinsamkeiten“, CDU will erst mal noch über Inhaltliches reden. Lemke bleibt Senator – wenn sein Haushalt verschont wird

Bremen taz ■ Das Bekenntnis steckte zugleich die Positionen ab. „Ich möchte mit Willi Lemke auch in Zukunft ganz ganz eng zusammenarbeiten“, beteuerte SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen am Samstagabend im Bremer SPD-Büro: „Nur jetzt in anderer Konstellation.“ Bei der Mitgliederbefragung darüber, wer Nachfolger von Henning Scherf als Bürgermeister und Präsident des Senats werden solle, hatten 1.924 GenossInnen (72 Prozent) für Böhrnsen und nur 741 (27 Prozent) für den derzeitigen Bildungs- und Wissenschaftssenator Willi Lemke (SPD) gestimmt – bei einer Wahlbeteiligung von 47 Prozent.

Er freue sich über „den großen Rückhalt für die politischen Vorstellungen“, die er vertreten habe, und setze darauf, dass das Votum „auch eine ganz breite Legitimation bedeutet“, sagte Böhrnsen. Angesichts der desaströsen Haushaltslage werde er schließlich „auch Zumutungen durchsetzen müssen“.

Verlierer Lemke, 1999 von Scherf in den Senat geholt und als dessen geheimer Wunschnachfolger gehandelt, war sichtlich getroffen. Die Abstimmung sei ohne Zweifel eine „deftige Niederlage“, mit der er so nicht gerechnet habe, bekannte er mit rauer Stimme und gesenktem Blick, die Hände auf dem Rücken gefaltet: „Ich habe die Wahlveranstaltungen so nicht interpretiert.“ Die Niederlage müsse er nun „persönlich verkraften“. Mit Fehleranalyse wolle er sich aber nicht lange aufhalten: „Da gibt es keinen Rückblick.“

Sein Amt als Senator, versicherte Lemke, wolle er weiter behalten – unter der Bedingung, dass der Etat des Bildungs- und Wissenschaftsressorts bei den anstehenden Haushaltsberatungen von Kürzungen verschont bleibe: „Ich kann nicht tragen, dass ich weiter gekürzt werde.“ Dies sei im SPD-Landesvorstand auch so verabredet worden.

CDU-Landeschef Bernd Neumann erhob umgehend Einspruch. Ob Etats gekürzt oder erhöht würden, werde nach „rationalen“ Kriterien entschieden, sagte er der taz: „Bloß weil er verloren hat“, könne man Lemke jetzt nicht zusagen, von Kürzungen verschont zu bleiben.

Neumann meldete auch Gesprächsbedarf an in Hinblick auf die von Böhrnsen angekündigte „härtere Gangart gegenüber der CDU“. Politische Weichenstellungen, wie sie Böhrnsen forderte, müssten gegebenenfalls im Koalitionsausschuss besprochen werden – und zwar noch vor der Wahl Böhrnsens in den Senat.

Mit Blick auf die Bürgerschaftswahl 2007 und anschließende Koalitionsmöglichkeiten sagte die Landesvorsitzende der Grünen, Susan Mittrenga, Böhrnsen vertrete „relativ viele grüne Positionen“. Im Gegensatz zu Scherf, einem erklärten Gegner von Rot-Grün, sei Böhrnsen als Bürgermeister „atmosphärisch vielleicht von Vorteil“.

Neumann warnte die SPD davor, die große Koalition – zu deren Fortsetzung sich Böhrnsen explizit bekannte – insgeheim doch schon in Frage zu stellen. Sollte die SPD sich „zwei Jahre lang gegen die CDU profilieren wollen, um dann Rot-Grün zu machen, dann wird das nicht halten“. Armin Simon