Kirchensteuer für Nichtgläubige

Die Katholiken wollen jetzt auch die konfessionslosen Partner von Kirchenmitgliedern zur Kasse bitten. Das „Kirchgeld“ ist bei Protestanten schon flächendeckend eingeführt

BERLIN taz ■ Niedersachsens Katholiken-Oberhäupter entdecken den Geldquell Kirchenverweigerer. Wer selbst konfessionslos ist, aber einen Katholiken heiratet, muss künftig Geld an die Kirche abführen. Mit dieser Novelle wollen die katholischen Bistümer im Land ihre Kassen aufpäppeln – und jenen an den Geldbeutel, die bislang den Kirchenservice zum Discount-Tarif nutzen.

Der Standardfall: Die Hausfrau oder Teilzeitjobberin bleibt registrierte Katholikin, ihr gut verdienender Gatte tritt aus. Bisher tendieren hier die Kirchenabgaben gegen null; ab 2006 muss der Ehemann zahlen.

„Die Kirchensteuereinnahmen gehen immer mehr zurück. Zugleich steigen die Kosten. Wir geraten in Bedrängnis“, begründet eine Sprecherin des Bistums Hildesheim das Vorhaben. Die Bistümer Osnabrück, Hildesheim und Bremen, Hüter über rund 1,5 Millionen Katholiken, hoffen so auf 3 bis 4 Millionen Zusatzeuro pro Jahr. Ob die Strategie geling, ist allerdings umstritten. Bislang scheuten die Bistümer den Schritt vor allem aus einem Grund: Sie fürchteten, dass konfessionslose Gutverdiener ihre Ehepartner überreden, ebenfalls aus der Kirche auszutreten. Auch jetzt mühen sich die Bistümer, das neue Zwangsgeld zur guten Tat aufzuwerten. Auf einer neu geschaffenen Kirchgeld-Homepage listen sie seelsorgerische Wohltaten auf, die auch manchen Papst-Skeptiker zahlungswillig stimmen könnten: Sie verweisen auf die vielen katholischen Kindergärten, Jugendhilfe- und das Seniorenprogramm in der Region.

Juristisch ist es für die Bistümer kein Problem, das Zusatzgeld zu erheben. Das niedersächsische Kirchenrecht billigt die Geldabgabe für Kirchenferne, setzt aber enge Grenzen. Nicht das gesamte Einkommen des konfessionslosen Partners wird kirchensteuerpflichtig. Die Kirche greift lediglich auf das Geld zu, das sich als Zuschuss zum Lebensunterhalt für den weniger verdienenden Partner interpretieren lässt. Es handele sich also nicht um eine „Kirchensteuer für Ausgetretene“, so das Bistum Hildesheim auf seiner Homepage. Verdienen beide Ehepartner gleich viel, bleibt die Novelle wirkungslos. Wer 30.000 Euro jährlich verdient und damit seine Ehefrau miternährt, muss jährlich 96 Euro Kirchgeld zahlen. Ein 100.000-Euro-Großverdiener zahlt 840 Euro im Jahr.

Sie seien sich durchaus bewusst, dass dieses Kirchgeld zu Problemen in einer Partnerschaft führen könne, sagte Prälat Felix Bernard, Leiter des Katholischen Büros Niedersachsen. Es zu erheben sei aber eine „Frage der Gerechtigkeit“ gegenüber den übrigen Kirchengeldzahlern.

Eher noch lässt sich die Geldnovelle als Maßnahme für mehr Fairness zwischen den Konfessionen deuten. Denn in der evangelischen Kirche ist das Kirchgeld fast flächendeckend eingeführt. Die katholische Kirche hingegen hat sich bislang in ihren Hauptregionen solchen Ansinnen verwehrt. Lediglich einige kleinere Diözesen wie Hamburg, Erfurt und Trier erproben den neuen Geldquell – nicht aber solche in katholischen Kernländern wie Bayern.

Der niedersächsische Vorstoß lässt sich daher auch als ein Testlauf lesen. Denn die großen katholischen Bistümer im benachbarten Nordrhein-Westfalen liebäugeln seit längerem mit dem begehrten Zusatzgeld. Doch noch überwog die Skepsis, wie gut sich dies in Zeiten von Kirchenflucht und Papstskepsis propagieren lässt. COS