Deutsche Hühner gehen ab heute zelten

Neuer Schlachtplan gegen Vogelgrippe: Bayern sperrt alles Geflügel ein, übrige Bundesländer das in Risikogebieten

BERLIN taz ■ Bauern in Bayern räumen Scheunen leer, stellen Partyzelte auf, machen Platz in Gewächshäusern – für ihre Hühner. Die Tiere brauchen ein Dach über dem Kopf. In Bayern gilt ab heute ein Stallzwang für Geflügel. Enten, Gänse, Hühner und Puten sollen so vor der gefährlichen Vogelgrippe geschützt werden. Es ist ein bayerischer Alleingang.

Zwar wird es auch im übrigen Bundesgebiet ein Aufstallungsgebot geben. Darauf einigten sich Bund und Länder gestern bei Beratungen in Bonn. Doch soll es nur für Risikogebiete gelten, die jetzt bundesweit ausgewiesen werden soll. Wie das Bundesverbraucherministerium berichtete, betrifft das in der Regel „Regionen, in denen Vogelrastplätze und Feuchtgebiete liegen und in denen der Kontakt zwischen Wildvögeln und Hausgeflügel kaum zu vermeiden ist“. Der Bund rechnet damit, dass die Länder diese Maßnahmen im Verlauf dieser Woche umsetzen. In Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern gilt diese Regelung jetzt schon.

Der CSU-Umweltminister von Bayern, Werner Schnappauf, versuchte gestern zwar, die Länderkollegen vom generellen Freilaufverbot zu überzeugen. Doch setzte er sich nicht durch bei der Bund-Länder-Krisenkonferenz in Bonn, wo man sich lieber an die entsprechende Anordnung der EU-Kommission von vergangenem Freitag hält. Bayern glaubt dagegen weiterhin an das „landesweite Infektionsrisiko“. Um die Ansteckung des Federviehs durch Zugvögel zu verhindern, ist jedes Mittel recht: Kleinere Geflügelbetriebe, so erklärte Schnappauf, könnten ihre Tiere auch im Partyzelt vom Baumarkt sperren – und diese mit einem Drahtzaun sichern.

Viele Landwirte fluchen – zumal Seuchenexperten die Gefahr für gering halten, dass Wildvögel die Grippe einschleppen. Mancher Biobauer vermutet eine Verschwörung der Käfigindustrie, die die Freilandhaltung vom Markt drängen will. Seinen Namen will mit solchen Aussage aber keiner in der Zeitung sehen – falls doch noch Schlimmes passiert. Schließlich ist die Vogelgrippe in den letzten Tagen näher gerückt. In Rumänien gab es gestern neue Verdachtsfälle. Die Biobauern müssen keinen großen Schaden fürchten, wenn sie ihre Tiere wegsperren. Sie dürfen die Eier trotzdem als Freilandei verkaufen.

Dem Federvieh in Bayern und den Risikogebieten stehen indes harte Zeiten bevor. Thomas Dosch vom Ökoverband Bioland sagt: „Der Mensch bekommt Panik, wenn er im Fahrstuhl stecken bleibt.“ Genauso werde das Ökohuhn nervös, wenn es im Stall bleiben müsse. Die Biobauern versuchten die Tiere aber „mit einer Beschäftigungstherapie“ abzulenken. Sie geben ihnen häufiger als sonst Futter und Stroh. HANNA GERSMANN

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