Deutschland konstant korrupt

Antikorruptionsverein Transparency International sieht Bundesrepublik auf Platz 16 der Nichtbestechlichkeit. Selbst Hongkong schneidet im internationalen Vergleich besser ab

BERLIN taz ■ Korruption konstant im Lande Deutschland – das gab Transparency International gestern in Berlin bekannt. Deutschland belegt auf einer Rangliste von 158 Staaten Platz 16. Der Korruptionsindex beruht auf weltweiten Umfragen unter Entscheidungsträgern in der Wirtschaft.

Bemerkenswert fand Hansjörg Elshorst, Vorsitzender von Transparency, dass Hongkong an Deutschland vorbeigezogen ist. Und dies, obwohl es unter Geschäftsleuten heiße, Korruption sei in China unumgänglich. „Nun kann ein Teil von China mithalten beim Wettbewerb um Integrität als Standortfaktor. Das sollte die Wirtschaft zu größerem Engagement gegen Korruption herausfordern“, sagte Elshorst.

Die drei Musterschüler sind Transparency zufolge Island, Finnland und Neuseeland. Auf den hintersten Plätzen finden sich Turkmenistan, Bangladesch und Tschad.

In Deutschland gebe es einiges zu tun, sagte Elshorst. Die Häufung von Korruptionsfällen in DAX-Unternehmen wie BMW, DaimlerChrysler, Infineon, VW und Siemens habe Transparency nicht überrascht. Elshorst ging sogar davon aus, dass die Dunkelziffer bei Korruptionsdelikten wie Bestechung bei 95 Prozent liegt. Selbst wenn solche Vorgänge bekannt würden, läge die Tendenz darin, die Angelegenheit intern zu erledigen, um dem Ruf des Unternehmens nicht zu schaden. Das werde sich ändern. „Die Anzahl der Fälle, die an die Öffentlichkeit dringen, wird zunehmen“, prophezeite Peter von Blomberg, stellvertretender Vorsitzender von Transparency. „Loyalität nimmt da ab, wo sich Arbeitnehmer nur noch als Kostenfaktor behandelt sehen.“ Dadurch werde es schwerer, Korruptionsfälle ohne größeres Aufsehen „in der Familie“ zu halten, also innerhalb der Firma zu erledigen ohne Strafanzeige zu stellen. Die Skandale bei VW seien bei der aktuellen Rangliste nicht berücksichtigt worden, da sie nach der Erhebung ans Licht kamen. Sie könnten sich allerdings bei Deutschlands Bewertung im kommenden Jahr bemerkbar machen.

Tranparency fordert ein Zentralregister für Korruptionsdelikte auf Bundesebene. Verurteilte Unternehmen sollten für eine Weile nicht an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen dürfen. Das hätte einen Abschreckungseffekt. Allerdings stemme sich die Wirtschaft dagegen, mit dem Argument, Arbeitsplätze würden aufs Spiel gesetzt.

Von Blomberg sprach sich auch für eine Erneuerung der Kronzeugenregelung aus, bei der Mittäter geringere Strafen erwarten, wenn sie zur Aufklärung des Verbrechens beitragen. Schwierigkeiten gebe es weiterhin bei der Verfolgung von Bestechungsdelikten, die im Ausland begangen werden. „Der Informationstransfer nach Deutschland läuft schlecht.“ Da die Justiz in Deutschland Ländersache sei, wüssten ausländische Behörden oft nicht, an wen sie sich wenden sollten.

Lob vergab von Blomberg an die Deutsche Bahn, die mit Erfolg gegen Korruption vorgegangen sei. Er räumte allerdings ein, keine abschließenden Aussagen treffen zu können. „Wir können nur sehen – was gibt es für Richtlinien. Schwer zu beurteilen ist, wie die Papierform konkret in die Kultur eines Unternehmens überführt worden ist.“

ANNETTE LEYSSNER