Israel plant Fahrverbot für Palästinenser

Das Verteidigungsministerium will die Hauptverbindungsstraßen im Westjordanland künftig nur noch den Siedlern zur Verfügung stellen. Außerdem sollen neue Straßensperren errichtet werden. Das stößt auf Kritik, auch in Washington

AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL

Palästinenser im Westjordanland sollen sich künftig nur noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln von einer Stadt zur anderen bewegen können. Die von Norden nach Süden verlaufenden Hauptverbindungsstraßen werden, sollte der Plan von Israels Verteidigungsminister Schaul Mofas zur Umsetzung kommen, nur noch den Privatfahrzeugen der jüdischen Siedler zur Verfügung stehen. Gleichzeitig will die Armee neue Straßenblockaden stationieren. Die gestrige Entscheidung folgte einem Attentat Anfang der Woche, bei dem drei junge Siedler aus einem vorbeifahrenden Auto heraus erschossen wurden.

Die Entscheidung des Verteidigungsministeriums steht in direktem Gegensatz zu der erklärten Absicht der israelischen Regierung, die Reisebedingungen für die palästinensische Bevölkerung zu erleichtern und die Sicherheitskompetenz der Palästinenser auszubauen. Mit Beginn des muslimischen Fastenmonats waren zunächst einige Sperren geräumt worden. Nun sollen rings um die Städte erneut Blockaden errichtet werden.

Mit heftigem Protest reagierte die israelische Friedensbewegung „Schalom achschaw“ auf den Regierungsplan, der „hoffentlich niemals realisiert werden wird“, so Jariw Oppenheimer, Sprecher der Bewegung. Die Straßen für Palästinenser zu schließen, sei „kein Weg, um den Terror zu stoppen“. Während „hunderttausende Unschuldige bestraft werden, wissen die Täter sehr gut, wie sie trotzdem ihr Ziel erreichen“. Einem gestern veröffentlichten „Plan zur Chancennutzung“ nach dem Gaza-Abzug sollten stattdessen umgehend 43 weitere Siedlungen im Westjordanland geräumt werden.

Qais Assad, Koordinator der „Palästinensischen Friedenskoalition“, hält den Zeitpunkt der Regierungsentscheidung „mitten im heiligen Monat Ramadan“ für verhängnisvoll. „Eine solche Maßnahme wird in jedem Fall die radikalen Elemente stärken“, fürchtet er. Die Straßensperrung sei nicht nur auf politischer und sozialer Ebene folgenschwer. Auch auf wirtschaftlicher Ebene werde „mit den zusätzlichen Sperren zu den hunderten, die es bereits gibt, das Leben der Palästinenser nur noch misslicher“.

Gegenüber der US-Regierung, die ebenfalls die Entscheidung kritisierte, rechtfertigte Israels Außenminister Silvan Schalom die Maßnahme als „Folge des fortgesetzten Terrors“ und forderte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zum stärkeren Vorgehen gegen die bewaffneten Gruppen auf. Auch aus Washington verlautete, dass die palästinensische Führung mehr tun könnte, um den Terror einzudämmen. Abbas wird heute mit US-Präsident George W. Bush zusammenkommen.

Wichtigstes Thema des Treffens ist für die Palästinenser der fortgesetzte Bau jüdischer Siedlungen vor allem im Raum Jerusalem. Außenminister Nasser al-Kidwa kündigte zudem an, dass Abbas den US-Präsidenten an seine frühere Erklärungen erinnern werde, in denen sich Bush für die Gründung des Staates Palästina ausgesprochen hatte.