Der gefährliche Präsident
: KOMMENTAR VON GABRIELE LESSER

Lech Kaczyński markiert gern den starken Mann. Vielleicht weil er glaubt, Polen sei in der Geschichte zu oft zu kurz gekommen. Also muss er insbesondere gegen die historischen Feinde Polens wettern, gegen Deutschland und Russland. Den starken Mann gegen die Bösen von einst zu markieren kommt bei den meisten Polen gut an. Weder Deutsche noch Russen sind in Polen übermäßig beliebt.

Aber – der künftige Präsident Polens ist auch Jurist. So fordert er die Todesstrafe, wohl wissend, dass er sie nicht einführen kann. Zuvor nämlich müsste die Regierung einige internationale Verträge kündigen, was in Polen niemand vorhat. Auch Kaczyński nicht. Aber die Polen hören es gerne. „Todesstrafe“ – das klingt hart und gerecht. So will Kaczyński von seinen Landsleuten wahrgenommen werden.

Kaczyński ist zwar ein Populist, aber viel zu klug, um nicht zu wissen, dass in den Außenbeziehungen viel leichter etwas zerstört als wieder aufgebaut werden kann. Seine Forderung nach Kriegsreparationen durch die Deutschen ist fast so alt wie die nach der Todesstrafe. Denn auch das Präsentieren einer „offenen Rechnung“ kommt bei den meisten Polen gut an. Das Trauma des Warschauer Aufstands 1944 mit seinen 200.000 Toten und der anschließenden Sprengung der Stadt durch die Nazis ist bis heute nicht überwunden. Die Rechnung in Höhe von 54 Milliarden Euro wird er den Deutschen wahrscheinlich nie präsentieren. Aber zur Drohung eignet sich die Reparationsforderung allemal. Die künftige Außenpolitik Kaczyńskis ist kaum abzuschätzen – es wird aufschlussreich sein, welche Berater er um sich schart.

Gefährlich ist der neue Präsident allerdings für die Lage in Polen. In der angekündigten „moralischen Revolution“ sollen Köpfe rollen, die „Wahrheits- und Gerechtigkeitskommission“ soll alle bisherigen Privatisierungen erneut durchleuchten. Frühere Kommunisten sollen endgültig aus dem öffentlichen Leben entfernt, Verbrecher härter bestraft werden. Für die große Abrechnung müssen in Polen Sondergerichte und neue Gefängnisse entstehen. Auf seine Wähler wirkt auch dies: hart und gerecht. Angenehmer oder sicherer wird das Leben in Polen künftig mit Sicherheit nicht.