VIELE KUNDEN ZAHLEN MEHR GELD EIN, ALS SIE ZURÜCKBEKOMMEN
: Lebensversicherung ist was für Dumme

Vielleicht merken es die Kunden jetzt: Der Normalverbraucher sollte keine Kapitallebensversicherung abschließen. Es lohnt sich einfach nicht. Gestern empfahlen die deutschen Versicherungsmathematiker, dass der Garantiezins auf nur noch 2,25 Prozent sinkt. Das wird dann für alle Neuverträge ab dem 1. Januar 2007 gelten.

Und die 2,25 Prozent sind sogar noch geschönt. Tatsächlich dürften viele Kunden feststellen, dass der Garantiezins nicht einmal ausreicht, um wenigstens die Summe wieder herauszubekommen, die man vorher als Prämien eingezahlt hat. Denn es wird nur der „Sparanteil“ verzinst. Das sind jene Ratenbeiträge, die übrig bleiben, nachdem die Versicherungskonzerne ihre Provisionen und Verwaltungskosten abgezogen haben.

Bisher wird noch ein Garantiezins von 2,75 Prozent versprochen. Daher dürften einige Oberschlaue glauben, dass sie ein rasant gutes Geschäft ergattern, falls sie noch eine Lebensversicherung vor dem 1. Januar 2007 abschließen. Bloß nicht! Denn egal wie hoch das Renditeversprechen ausfällt: Die allermeisten Versicherungskunden haben nichts davon. Irgendwann nämlich können sie ihren Vertrag nicht mehr bedienen. Weil sie arbeitslos geworden sind, weil sie sich scheiden lassen, weil sie lieber ein Haus bauen möchten. Es gibt viele Gründe, warum die monatlichen Prämien plötzlich nicht mehr zu finanzieren sind.

Das zeigt auch die Statistik: 25 Prozent der Kunden kündigen ihre Lebensversicherung schon in den ersten zwei Jahren; insgesamt steigen 50 Prozent irgendwann aus ihrem Vertrag aus. Weitere 30 Prozent lassen ihn ruhen und zahlen nicht bis zum Ende ein. Nur ein Fünftel erfüllt den Vertrag also vorschriftsgemäß – und profitiert komplett von den Garantiezinsen und Überschussbeteiligungen. Hart formuliert: Die Gewinne des letzten Fünftels werden nur möglich, weil vier Fünftel vorher Verluste einfahren.

Kapitallebensversicherungen sind ein sehr schlechtes Geschäft. Trotzdem gibt es fast so viele Verträge wie Bundesbürger. Dafür haben viele Vertreter an vielen Haustüren gekämpft. Schade, dass es nicht zu leugnen ist: Werbung wirkt tatsächlich – sie macht dumm. ULRIKE HERRMANN