Welcher Status für das Kosovo?

UN-Sicherheitsrat stimmt Aufnahme von Verhandlungen zu. Die werden schwierig. Die Albaner pochen auf Unabhängigkeit, Belgrad auf einen Verbleib in Serbien

SARAJEVO taz ■ Der UN-Sicherheitsrat hat der Aufnahme von Verhandlungen über den künftigen Status der von der UN verwalteten serbischen Provinz Kosovo zugestimmt. Generalsekretär Kofi Annan kündigte für diese Woche die Ernennung eines Sondervermittlers an, der die Gespräche zwischen Delegationen der albanisch dominierten Regierung in Prishtina und der serbischen Regierung leiten soll.

Für diesen Posten ist voraussichtlich der frühere finnische Präsident Martti Ahtisaari vorgesehen, der als erfahrener Vermittler gilt und durch mehrere UN-Missionen mit den Verhältnissen im einstigen Jugoslawien vertraut ist. Die Statusverhandlungen für das Kosovo werden frühestens im November beginnen und zunächst in Form einer Pendeldiplomatie zwischen Belgrad und Prishtina stattfinden.

Die Verhandlungen werden schwierig, vermuten ausländische Diplomaten im Kosovo. Bis heute stehen sich die Positionen der albanischen Mehrheitsbevölkerung im Kosovo, der serbischen Minderheit und der serbischen Regierung in Belgrad konträr gegenüber. Die Albaner fordern die staatliche Unabhängigkeit, die Serben pochen darauf, Kosovo sei eine serbische Provinz und müsse dies bleiben.

Kosovo steht seit dem Nato-Krieg gegen das damalige Jugoslawien unter Verwaltung der UN. In der UN-Resolution 1244 wird das Kosovo als Teil Jugoslawiens definiert. Darauf setzen die albanischen Verhandlungsführer. Auch der Nachfolgestaat Jugoslawiens, der Staatenbund Serbien-Montenegro, steht vor der Auflösung. 2006 soll nach dem Willen der Regierung in Podgorica ein Referendum über die Unabhängigkeit Montenegros stattfinden. Löse sich der Staatenbund auf, wäre die Unabhängigkeit Kosovos unausweichlich, hoffen sie.

Der serbische Regierungschef Koštunica beharrt jedoch auf der Zugehörigkeit Kosovos zu Serbien und Montenegro. Allerdings ist die serbische Regierung schon jetzt bereit, Kosovo einen sehr weitgehenden Autonomiestatus zuzugestehen.

Die kosovoalbanische Führung drängt auf eine schnelle Entscheidung. Denn die Unruhe in der Bevölkerung wächst. Schon ist eine neue bewaffnete Gruppe aufgetaucht, die vor wenigen Tagen im Westkosovo sogar für kurze Zeit Checkpoints errichtet hat. Und der einstige Studentenführer und Menschenrechtler Albin Kurti, der 1998 verhaftet wurde und jahrelang in serbischen Gefängnissen saß, rief zu Demonstrationen auf. Er und seine Mitstreiter lehnen Verhandlungen ab, weil diese immer mit Kompromissen enden würden.

So stehen die UN vor einer heiklen Aufgabe. In einem Bericht für den Generalsekretär mahnte der norwegische Kosovo-Sonderbeauftragte Kai Eide zur „Vorsicht“ bei den Statusverhandlungen, es dürften „keine künstlichen Fristen“ gesetzt werden. Vor allem müsste die internationale militärische und politische Präsenz bestehen bleiben. Die seit 1999 geschaffenen politischen Strukturen seien nicht stark genug für eine selbsttragende friedliche Entwicklungen. Die Wirtschaft habe sich zwar etwas erholt, viele Probleme seien jedoch ungelöst. Die Existenz der Minderheiten sei ohne internationale Präsenz nach wie vor in Gefahr. Gerichtswesen und Polizei könnten noch nicht ohne internationale Aufsicht agieren. Von der serbischen Minderheit fordert er, ihre Verweigerungshaltung aufzugeben und in den Institutionen mitzuarbeiten.

Eide tritt für eine weitere Nato-Präsenz ein. Politisch sollen die Rolle der UN minimiert und mehr Kompetenzen der EU übertragen werden, denn die Zukunft des Kosovos liege in Europa. Man könne an die Schaffung eines Hohen Repräsentanten denken, der wie in Bosnien Entscheidungen des lokalen Parlaments und der Regierung kassieren und auch lokale Politiker absetzen kann. ERICH RATHFELDER

meinung und diskussion SEITE 11