BVB, ihr seid westfränkisch

Der Dortmunder Fan irrt, wenn er aus identitätsstiftenden Gründen auf dem Namen „Westfalen-stadion“ beharrt. Eine mediävistische Analyse der Fußballrivalität zwischen Borussia und Schalke 04

VON ECKHARD FREISE

Friedrich Küppersbusch, Dortmunder Fernsehproduzent, kritisiert die bevorstehende, ökonomisch motivierte Umbenennung des Westfalenstadions in „Signal Iduna Park“ . Dafür hat er u. a. kulturgeschichtliche Argumente („Dort Mund, Hier Arsch“, taz vom 18. Oktober). Falsch, sagt der Münsteraner Mediävistik-Professor Eckhard Freise und analysiert den Fall und die Fußballrivalität zwischen Dortmund und Schalke aus mediävistischer Sicht.

„Dortmund in altertümlicher Düsternis“ – wer so deprimiert raunt wie unlängst Friedrich Küppersbusch, rutscht gefährlich nahe an den namens- und fußballhistorischen Untiefen der ach so tragisch umwitterten Heimatstadt Dortmund vorbei. Deren ältestes Zeugnis Throtmanni soll heißen „trutzige Männer“ – das ist die (na ja, fast richtige) Übersetzung des Ortsnamens (aus der Ära des großen Karls und seiner Kerle). Das waren angeblich Verteidiger des römerzeitlichen Munda.

Trotzköpfchens Märchenstunde! Diese Legende haben die braven Westfalen zwar erfunden, nicht aber den Namen. Im unschönen Gegenteil: Das wehrhafte Dort-Mund war eine westfränkische Besatzersiedlung auf konfisziertem Königsland. Also scheint es verwegen, auf dem angeblich Identität – demnächst Idunaität – stiftenden „Westfalenstadion“ zu beharren. Der Verbandsname Westfalai besagt zwar „Wir sind westliche Flachmänner“ – deren heutige Träger tummeln sich zu Recht vornehmlich auf der Süd-Tribüne.

Denn ihre vermeintlichen Vorfahren aus der nordwestdeutschen Tiefebene, königs- und heillose Rückkehrer aus Middleseax (um London), sind erst um 700 südlich der Lippe, und das ziemlich überfallartig, über die altfränkischen Brukterer gekommen – was prompt dazu führte, dass die Karolinger von Rhein und Maas ihren Blutsvettern am Hellweg geholfen haben: I! Du! Na! Hört ihr das Signal?!

Das Geld war übrigens schon längst vorher da, (um 410) im Park vergraben (genauer: auf dem Gelände der Union-Brauerei), 444 spätrömische Goldmünzen und ein goldener Halsreif für den Präsidenten der Einheimischen, der von nun an füglich für alle Zeiten sagen durfte: BVB – Brukterer verdienen Bares. (Für Manager und Trainer gab es zwei dünne goldene Nasenringe.)

In Sachen „Schätzchen“ sind Dortmund und sein Lieblingsfeind in Herne-West (äh! Schalke) namenphilologisch enger beieinander, als die heutigen biergeschwängerten Flachpasser es gerne hätten. Der gemeingermanische Thruhtman verkörpert nicht nur den „Gefolgsmann und trutzigen Bodyguard“, sondern auch den „Brautführer und Freier“. Konveniert er damit nicht viel besser mit dem verklärten Borussenkultort, dem Borsigplatz und seinem ehemaligen Nutten-Luden-Freier-Viertel?

Aber auch die Schalker (diese Knechte und Schalksnarren!) haben eine anrüchige Herkunft (von wegen Gottschalk, Knecht Gottes – an Gott mag Libuda ja vorbeigekommen sein, aber nicht an der Frau!): Gelsenkirchen leitet sich ab vom althochdeutschen Gelistanekiricca – was wörtlich bedeutet: „Kirche der Gelista“. Eine wahre Herrin als Kirchengründerin! – Für wen?

Für Knappen, also für Nicht-Ausgewachsene mit dem Anspruch von Pubertierenden: „Wenn wir einmal groß sind, dann spielen wir in der Liga der unehrenhaften Lohnkämpfer mit, bei den Campiones!“ (vulgo: Champions League).

Die adlige Dame Gelista stammte aus niederrheinfränkisch- (ja, auch Holland gehört dazu!) -westfälisch versippter Misch-poke (ich weiß, das ist Jiddisch, passt aber so schön) und war ihrem Namen nach die „Allerschärfste“. Erst jetzt versteht der staunende Kenner verschiedene Doppeldeutigkeiten im aktuellen Schalker Ambiente. Wenn der Boss der Veltins-Arena geradezu lüstern sein Bier zu Hause schlürft (und nicht in der Gläserkirche, wie bei den Westfalen die Kneipe liturgisch bezeichnet wird), dann nur jene ranschmeißerische Marke, die sich rheinisch-jeländejängich nach dem hl. Valentin nennt. Eben, der totbeschenkte Schmuseheilige! Genau, der Patron des Massakers des Billy-Wilder-Klassikers „Some like it hot“!

Und so räkelt sich denn (Marilyn lässt grüßen!) die schöne Freundin des Schalker Managers auf dem Lotterlager oder lässt sich wahlweise aufs Fahrgestell patschen. Oh, Ass-Hauer, nie waren TV-Werber dem Objekt ihrer und unserer Begierde allegorisch näher, ohne es zu wissen.

Gegen die böse Fama von „Schalke-Null-Se(chs)x“ hilft nach Aussage Ass-Hauers heute im Campiones-Spiel gegen Istanbul nur noch eins: „Wir können ja Damen einwechseln.“

Sehr gut, denen ist mehr zu trauen als Dänen.