Ausweisung gegen Imam war falsch

Verwaltungsgericht führt Ausländerbehörde vor – und gibt Imam Recht: Dieser hätte so nicht ausgewiesen werden dürfen. Ohne dass geklärt ist, ob die Hassprediger-Vorwürfe stimmen, kündigt der Innensenator höchstrichterliche Klärung an

bremen taz ■ Die Ausländerbehörde hat bei ihrer Ausweisung gegen den Imam der Abu Bakr Moschee im Februar so viele Fehler gemacht, dass das Bremer Verwaltungsgericht nun der Klage des Predigers Recht gab. Die Kammer hob die Bescheide des Ausländeramtes gegen den 44-jährigen Geistlichen auf. Die nachträglich befristete Aufenthaltserlaubnis war danach ebenso rechtsfehlerhaft wie die angedrohte sofortige Abschiebung gegen den Mann. Beide Bescheide waren während eines Heimatbesuchs des Mannes erfolgt. Doch sei die Behörde dabei von einer falschen Rechtsgrundlage ausgegangen – die das gesamte Verfahren in eine juristische Schieflage gebracht habe, so gestern das Verwaltungsgericht.

Dem Ausgewiesenen wird das vorerst nicht nutzen: Seit Juli ist seine Aufenthaltserlaubnis regulär ausgelaufen – und danach nicht erneuert worden. Der Rechtsstreit darum geht weiter. Allerdings wird der Mann bei Fortbestand des jetzigen Urteils später vielleicht leichter eine Niederlassungserlaubnis bekommen. Immerhin arbeitete er seit 1999 bis 2005 legal bei verschiedenen Moscheegemeinden.

Gestern vor Gericht kündigte unterdessen die Justiziarin des Stadtamtes an, gegen das nun erfolgte Urteil angehen zu wollen. Die Ausweisung sei zu Recht erfolgt. Später erklärte auch Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) unter Hinweis auf das Terrorismusbekämpfungsgesetz: „Das Verfahren um den Bremer Hassprediger wird nun zu einer Art ,Testfall‘, wie belastbar dieses neue gesetzliche Instrument in der Praxis ist.“ Er sehe darin „einen Fall von grundsätzlicher Bedeutung. Islamische Extremisten, die hier Hass predigen und Gewalt säen, haben jegliches Aufenthaltsrecht in Deutschland verwirkt.“ Um eine „bedenkliche Öffentlichkeitswirkung“ sorgten sich gestern gleich nach der gestrigen Verhandlung bereits Beschäftigte von Innenbehörde und Verfassungsschutz.

Immerhin bleibt den Verfassungsschützern jetzt erspart, den Beweis für die Ausweisungsgründe antreten zu müssen. Ob der muslimische Geistliche tatsächlich eine verfassungsfeindliche, möglicherweise volksverhetzende Agitation als „Hassprediger“ betrieben hat, muss das Gericht nun nicht mehr aufklären. Der Anwalt des Beschuldigten bestreitet den Vorwurf.

Die Justiziarin der Stadt führte dagegen an, die Inhalte der Freitagsgebete des Imams über Monate hin bedeuteten eine „Gefährdung der inneren Sicherheit“. Auch erkenne sie „Unterstützungshandlungen und Vorbereitungshandlungen für internationalen Terrorismus“, woraus „latent eine Gefährdung der Bundesrepublik“ folgere. Zu einem Strafverfahren gegen den Beschuldigten kam es unterdessen nie. „Weil Sie nichts in der Hand haben“, argumentierte gestern dessen Anwalt Eberhard Schultz. „Niemand will Anschläge“, sagte er. „Aber als Juristen halten wir uns an Tatbestände“ – und die müssten konkret belegt werden.

Tatsächlich aber existieren offenbar lediglich Protokolle des Verfassungsschutzes. Zu diesen merkte das Gericht gestern an: „Was bisher festgehalten ist, scheint uns als verlässliche Grundlage noch nicht zu reichen.“ Das belastende Material sei ja „einige Schritte vom Originalton entfernt“, erörterten die Prozessbeteiligten dann die Möglichkeiten zur weiteren Aufklärung – soweit diese über die Aktenvermerke hinausgehe, wie sie ein V-Mann-Führer nach Gesprächen mit einem V-Mann offenbar anhand dessen nachträglicher Gedächtnisprotokolle erstellte. ede