Tiergartentunnel
: Die Luft ist nicht nur fürs Auto da

Der Tiergartentunnel ist vom Feinsten: Der Straßenbelag ist besonders lichtreflektierend und zudem am Potsdamer Platz mit einer polsternden Gummischicht unterlegt, damit die Gebäude darüber nicht vibrieren. Das Überwachungssystem ist technisch ausgeklügelt; auch das Leitsystem ist auf dem allerneusten Stand. Für die freie Fahrt der Berliner war nichts zu teuer. 400 Millionen Euro wurden verbuddelt. Dass den AutofahrerInnen neben all den genannten Kostbarkeiten auch die Berliner Luft gehört, versteht sich von selbst.

KOMMENTAR VON WALTRAUD SCHWAB

Anfang des nächsten Jahres soll das Prachtwerk der Berliner Verkehrsplaner eingeweiht werden. Kurz vor der Fertigstellung des Tunnels und im Zuge von Feinstaubschwaden, die durch die fehlenden Dieselrußfilter in deutschen Fahrzeugen auch in Berlin zu einem Problem geworden sind, trat die Luftreinhaltung ins Blickfeld der Planer. Endlich wurde untersucht, was der nachträgliche Einbau von Abluftfiltern im Tunnel kosten würde. Das Ergebnis: etwa 1,4 Prozent der Gesamtsumme. Das Fazit des Gutachters: unrentabel.

Auf diese Argumentation darf sich der Senat nicht einlassen. Wenn er es tut, legt er den AutofahrerInnen nicht nur den roten Teppich aus, sondern gibt ihnen einen Freifahrschein dazu.

Die Abluft aus dem Tunnel wird in den Tiergarten gepustet. Ob das Folgen für die Bewohner oder das Erholungsgebiet nach sich zieht, taucht in der Berechnung nicht auf. Sollte der Senat nicht bereit sein, Steuergeld nicht nur zum Schutz von AutofahrerInnen, sondern auch zum Schutz der Luft, die alle atmen, auszugeben, muss er andere Formen der Steuerung wahr machen. Wie etwa wäre es mit einem Durchfahrverbot für Autos ohne Filter? Wie mit einer Tunnelmaut?

Zu heikel? Undurchführbar? Das kann nicht sein! Es wird Zeit, dass der Senat den roten Teppich für Autofahrer endlich einrollt.