Vermieter vs. Politiker
: Obdachlose MdBs

Vielleicht hatten ja ein Alt-68er und ein Münte-Sozi die Wohnung bei ihrer Abschiedsparty für Rot-Grün zerdeppert

Der deutsche Volksvertreter hat ja schon länger ein Imageproblem: Er gilt jenen, die er vertritt, vorzugsweise als Quatschkopf, Abzocker und Faulpelz. Und nun ist er auch noch Mietpreller und Wohnungsverwüster. Das hat Folgen, wie eine Abgeordnete des neu gewählten Bundestages jetzt zu spüren bekam.

Die aus Bayern entsandte Parlamentarierin der Linkspartei suchte sich dieser Tage eine kleine Zweitwohnung und war auch fündig geworden. Zwei Zimmer in Mitte, nicht weit vom Regierungsviertel, akzeptabler Preis von 500 Euro warm für 48 Quadratmeter (zum Vergleich: dasselbe zahlt die Kanzlerin für ihre Dienstwohnung von 28 Quadratmeter plus Bad im Kanzleramt). Die Sache war quasi in Sack und Tüten – bis die Hausverwalterin von der Tätigkeit der Bewerberin erfuhr.

Eigentlich könnte man denken, Bundestagsabgeordnete seien eine attraktive Klientel für Berlins Immobilienbesitzer, die ja ohnehin über viel zu viel Leerstand und entsprechend niedrige Mieten klagen. Politiker haben ein gesichertes, nicht eben geringes Einkommen, und ihrem schlechten Ansehen in der Bevölkerung zum Trotz sind sie als problematische Mieter bisher nicht auffällig geworden. Genau so dachten auch die (ungenannt bleiben wollende) Hausverwalterin und der Eigentümer besagter Mitte-Wohnung. Dass dies nun nicht mehr so ist, liegt an den „schlechten Erfahrungen“ mit einem bestimmten Bundestagsabgeordneten. Der soll die Wohnung nicht nur mit Mietschulden von einem halben Jahr verlassen haben, sondern auch in einem miserablen Zustand. Gegen den Parlamentarier gerichtlich vorzugehen, sei aber äußerst schwierig und damit teuer, weil er sich auf seine Immunität beruft. Wie die Geschichte enden wird, ist noch nicht klar. Nur so viel: Bundestagsabgeordnete und Diplomaten sind wegen ihres Immunitätsschutzes als Mieter künftig unerwünscht.

Interessant ist natürlich die von der Hausverwaltung selbstverständlich unbeantwortete Frage, um wen es sich bei dem zahlungsunwilligen und wüsten Abgeordneten handelt. Vielleicht um einen Alt-68er aus den Reihen der Grünen, der aus Nostalgie einem kapitalistischen Miethai eins überhelfen wollte? Oder um einen Sozi, der Müntes plötzliche Kapitalismuskritik auf eigene Art interpretiert hat? Vielleicht haben ja beide zusammen auch eine zünftige Abschiedsparty auf Rot-Grün gefeiert, was zumindest die notwendig gewordenen Wohnungsreparaturen erklären würde. Ein Liberaler kommt sicher nicht in Frage, weil dem auch fremdes Eigentum heilig ist. Und ein Unionschrist? Eigentlich undenkbar – aber wer weiß das schon. Wenn sie von der Nichtverlängerung ihres Bundestagsmandats erfahren, können auch schwarze Berufspolitiker panische Existenzängste kriegen.

In Bonn gab’s solche Sachen mit Abgeordneten jedenfalls noch nicht, weiß die Hausverwalterin, die auch dort schon in der Branche tätig war. Nun, es soll keiner meckern – dass die Politik näher an der Realität der Bürger ist, das hatten sie doch alle gehofft vom Umzug nach Berlin. Und Berlin ist nun mal die deutsche Stadt mit den höchsten Mietausfällen. GUNNAR LEUE