Vogelgrippe schwächt auch die Wirtschaft

Die WHO rechnet fest mit einer Grippe-Pandemie. Geschätzter volkswirtschaftlicher Schaden: 675 Milliarden Euro

GENF ap/dpa ■ Der Erreger der Vogelgrippe wird nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Pandemie unter den Menschen auslösen. WHO-Chef Jong Wook Lee verwies zum Auftakt einer Expertenkonferenz in Genf auf „eine unerbittliche Verbreitung“ der Vogelgrippe unter Zugvögeln und Hühnern.

„Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ein Vogelgrippevirus, wahrscheinlich H5N1, die Fähigkeit erlangt, sich von Mensch zu Mensch zu übertragen“, sagte Lee. Schon die Pandemie der Spanischen Grippe 1918 sei durch einen mutierten Erreger der Vogelgrippe ausgelöst worden. Und der aktuelle Erreger H5N1 sei bereits bei Vögeln in 15 europäischen und asiatischen Ländern gefunden worden.

Die Weltbank hat jetzt erstmals den wirtschaftlichen Schaden einer Grippe-Pandemie geschätzt – auf mindestens 675 Milliarden Euro. Mitarbeiter Milan Brahmbhatt erklärte: „Die Grippe-Pandemie wird das weltweite Bruttoinlandsprodukt um 2 Prozent oder mehr sinken lassen.“

Der Wirtschaftswissenschaftler stützt seine Berechnungen auf Erfahrungen mit der Lungenkrankheit Sars vor zwei Jahren. Im zweiten Quartal 2003 war das Bruttoinlandsprodukt in Ostasien um 2 Prozent zurückgegangen. Die Menschen seien nicht mehr gereist, der Arbeit ferngeblieben und weniger einkaufen gegangen.

Bis Mittwoch beraten nun 700 Experten von Regierungen und Organisationen in Genf über einen Aktionsplan gegen die Vogelgrippe. Sie erwägen unter anderem einen Aktienfonds, wie es ihn schon gegen Aids oder Malaria gibt. Er soll 1 Milliarde Dollar umfassen, so dass vorbereitende Maßnahmen gegen eine Pandemie finanziert werden können. Die Europäische Union hat Asien gestern bereits 30 Millionen Euro für den Kampf gegen die Vogelgrippe zugesagt.

Ein Teil des Geldes könnte dem Pharmakonzern Roche zufließen. Er stellt sich auch auf eine Pandemie ein – und auf eine großer Nachfrage nach seinem Grippemittel. 2007 werde Roche in der Lage sein, rund 300 Millionen Tamiflu-Portionen herzustellen, so das Unternehmen gestern. Das ist 10-mal so viel, wie im letzten Jahr produziert wurde.