Noch-Kanzler soll nach Kreuzberg kommen

Die Türkische Gemeinde hat Gerhard Schröder per Brief zum Besuch eines Kreuzberger Jugendzentrums eingeladen

Nach den Ausschreitungen in Frankreich hat die Türkische Gemeinde in Deutschland an Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) appelliert, ein Zeichen zu setzen und eine Jugendeinrichtung im türkisch geprägten Stadtteil Kreuzberg zu besuchen. „Ich habe den Kanzler gebeten, nach Kreuzberg zu kommen“, sagte der Vorsitzende Kenan Kolat gestern AFP.

In einem Brief an den Kanzler habe er deutlich gemacht, dass die Lage nichtdeutscher Jugendlicher „prekär“ sei und die Arbeitslosigkeit unter ihnen besorgniserregend hoch. Zwar sei die Situation nicht mit Frankreich vergleichbar und hier werde nicht sofort Ähnliches passieren. Doch gebe es auch in Deutschland unter diesen Jugendlichen viel Unzufriedenheit, weil sie kaum eine Perspektive hätten. Kolat rief auch die Wirtschaft auf, Jugendliche aus benachteiligten Schichten verstärkt einzustellen – und zwar Deutsche und Nichtdeutsche. Nur zwei oder drei Modellprojekte seien nicht ausreichend. Der Berliner Zeitung vom Dienstag hatte Kolat zuvor gesagt, die Zahl der erwerbslosen Migranten in Deutschland sei prozentual doppel so hoch wie unter Deutschstämmigen.

Auch das Zentrum für Türkeistudien äußerte sich besorgt über die hohe Arbeitslosigkeit unter Migranten. „Das Integrationsproblem in Deutschland ist die mangelhafte Integration in Schule und Arbeitsleben“, erklärte Direktor Faruk Sen am Dienstag in Essen. „Die Arbeitslosenquote bei türkischen Migranten in Deutschland liegt bei über 25 Prozent.“ Dabei steige der Anteil derjenigen, die länger als ein Jahr ohne Beschäftigung seien. Inzwischen zählten fast 40 Prozent der arbeitslosen Migranten zu den Langzeitarbeitslosen.

AFP