Neue Runde in Kliniken-Streit

Klinik-Betriebsräte raufen sich zusammen: Wie „dick“ das teure Klinikum Mitte auf Kosten der wirtschaftlich arbeitenden drei anderen Kliniken werden kann, das soll neu beredet werden

Bremen taz ■ Vier Stunden lang haben gut 40 Betriebsräte der vier kommunalen Bremer Krankenhäuser gestern zusammengesessen und nach ihrem großen Krach die Lage beraten. Die Vertreter des Klinikums Mitte, die die letzte Konzernbetriebsratssitzung unter Protest verlassen hatten, waren wieder da – und am Ende gab es sogar einen gewissen Konsens über die Streitfrage: Über den „Masterplan Mitte“ soll neu geredet werden. Nach diesem Plan sollen am Standort St.-Jürgen-Straße rund 200 Millionen Euro in ein großes modernes Krankenhaus investiert werden, die drei kleineren Kliniken in Ost, Nord und Links der Weser Kompetenzen abgeben an die neue Zentrale. Die Betriebsräte des Klinikums Mitte hätten derweil nichts dagegen und vertreten in dem Sinne die Position ihres Hauses. Die Vertreter der anderen drei Kliniken sind eher dagegen, das ist der Kern des Streits. Der Konzernbetriebsrat hatte nach dem Auszug der Kollegen von Mitte als seine Position formuliert, er sehe „großen Klärungsbedarf, was die Größe und das damit verbundene Finanzierungsrisiko des Neubaus in Bremen Mitte angeht“. Mit den Betriebsratsvertretern aus Mitte verständigte man sich nun darauf, die Streitfragen gemeinsam zu diskutieren.

„Hin und wieder schafft ein bisschen Auseinandersetzung auch neue Klarheit“, sagt Betriebsrat Peter Erlandson vom Klinikum Links der Weser: „Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg.“ Geholfen dabei hat die gutachterliche Arbeit von Karl W. Lauterbach. Nach den bisherigen Plänen des kommunalen Klinik-Konzerns „Gesundheit-Nord-GmbH“ sollte das Krankenhaus, das die schlechtesten wirtschaftlichen Bedingungen aufweist, bei laufendem Betrieb vollkommen umgebaut und bis zum Jahre 2009 zum neuen Bremer Klinik-Kompetenzzentrum gemacht werden. Ab dem Jahre 2010 werden die Klinik-Leistungen nach einem neuen Bewertungsschlüssel abgerechnet, nach heutigen Daten wäre das Klinikum Mitte unwirtschaftlich. 700 Vollzeitstellen sollen abgebaut werden, die verbleibenden Kräfte sollen dieselben medizinischen Leistungen erbringen, über diese Rationalisierungseffekte soll der Neubau abfinanziert werden.

Jetzt schon ist das Klinikum Mitte das größte in Bremen. Während die kleineren Kliniken, vor allem Links der Weser und Bremen-Nord, gute Aussichten haben, auch nach dem neuen Berechnungsschlüssel 2010 wirtschaftlich zu arbeiten, ist dies für Mitte ohne große Investitionen unvorstellbar. Die Risiken des Baus tragen aber letztlich die drei kleineren, die am Ende noch abgeben sollen. Was also ist, wenn die gewagte Kalkulation von Einspareffekten und Investitionen nicht aufgeht? Die Sorge der Betriebsräte: Schon für die Baufinanzierung sollen private Krankenhauskonzerne ins Boot geholt werden. Sitzen sie einmal fett drin und scheitert die Planung der staatlichen Kliniken-GmbH, dann droht die Privatisierung.

In den nächsten Wochen soll das Lauterbach-Gutachten in der Endfassung vorgelegt werden, parallel wollen die Betriebsräte versuchen, sich über die Verteilung des „Patientenkuchens“ von 2010 neu zu verständigen. Während bei den Betriebsräten die Stimmen der drei kleineren Kliniken in der Mehrzahl sind, sind die Verhältnisse in der Geschäftsführung andere: Den drei „kleinen“ Geschäftsführern steht der des Klinikums Mitte gegenüber und der Konzernchef Wolfgang Tissen mit einem Doppelstimmrecht. Schon im Sommer hatte sich gezeigt, dass die Klinik-Führung ohne die Betriebsräte nicht regieren kann. Erst recht nicht, wenn die Chefs sich mit 3:3 blockieren. kawe