Stilles Örtchen braucht Pflege

Die Welt-Toiletten-Organisation plädiert dafür, das Klo wichtiger zu nehmen. Immerhin müssen 2,6 Milliarden Menschen immer noch ohne sanitäre Anlagen auskommen

HAMBURG taz ■ Heute ist Welt-Toiletten-Tag. Das stille Örtchen wird ins öffentliche Licht gerückt. Zu Recht findet Jack Sim, der Gründer der Welt-Toiletten-Organisation. Er tadelt: „Wir können über alles reden – nur die Toilette ist das letzte Tabu, das gebrochen werden muss.“ Dabei muss jeder im Schnitt sechsmal am Tag aufs Klo. Das unterschätzen hierzulande die meisten.

In Singapur, wo Jack Sim als Geschäftsmann lebt, ist das anders. Im perfektionistischen Stadtstaat gibt es einen Stadtführer zu 500 besonders empfehlenswerten öffentlichen Toiletten. So nimmt sich jetzt auch die chinesische Hauptstadt Peking Singapur zum Vorbild – bei der Vorbereitung der Olympischen Spiele 2008. Düstere und dreckige öffentliche Toiletten sollen bis dahin aus dem Stadtbild verschwinden. Sie sollen durch Vier- und Fünf-Sterne-Luxus-WCs ersetzt werden. Die Ingenieure denken derzeit noch darüber nach, welche Hintergrundmusik eingespielt und welche Ölgemälde aufgehängt werden sollen.

Etwa 2,6 Milliarden Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika plagen ganz andere Probleme. Sie haben gar keinen Zugang zu einer schlichten sanitären Anlage. Die schlechte Abwasserentsorgung hat Folgen: Jedes Jahr sterben mehrere Millionen Menschen, vor allem Kinder, an Durchfallerkrankungen. Die Vereinten Nationen haben sich zwar zum Ziel gesetzt, die Zahl der unversorgten Menschen bis 2015 zu halbieren. Aber davon sind viele Länder noch weit entfernt.

Klodesigner haben aber längst ein kostengünstige Technik entwickelt: Toiletten, die ohne Wasser auskommen. Es ist nicht nötig, wie jeder Bundesbürger im Jahr 15 Kubikmeter Trinkwasser für die WC-Spülung zu verbrauchen. In den innovativen Klos wird zudem der Urin von den Fäkalien getrennt. So entsteht auch noch Dünger für die Landwirtschaft vor Ort.

FRANK KÜRSCHNER-PELKMANN