WASG probt den Alleingang

Mehrheit der Berliner WASG will eigenständig zur Abgeordnetenhauswahl antreten. Dies bringt den Bundesvorstand auf die Palme. Es kursieren Ausschlussgerüchte

Der Streit innerhalb der Berliner „Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit“ (WASG) über eine Fusion mit der Linkspartei spitzt sich immer weiter zu: Knapp eine Woche vor dem Landesparteitag am kommenden Wochenende zeichnet sich unter den Delegierten eine Mehrheit für eine eigenständige Kandidatur bei den Abgeordnetenhauswahlen im Herbst 2006 ab. Umfragen in den Bezirksverbänden hätten ergeben, dass wahrscheinlich zwei Drittel der Delegierten gegen eine Parteienfusion mit der Linkspartei.PDS ist, sagte WASG-Sprecher Gerhard Seyfarth: „Der Konflikt mit dem Bundesvorstand ist vorprogrammiert.“

Auf dem Parteitag sollen die Delegierten eine Urabstimmung beschließen, die über eine Fusion entscheiden soll. Gestritten wird zwischen den Lagern also zunächst nur über den Zeitpunkt, nicht über die Fusion selbst. Und doch ist der Beschluss am Wochenende richtungsweisend: Während die Fusionsbefürworter vor dem Bundesparteitag am 4. März keine Entscheidung fällen wollen, befürchten die Fusionsgegner, dass bis dahin die Weichen gestellt sein könnten. WASG-Mitbegründer und Linkspartei-Gegner Michael Prütz: „Auf dem Bundesparteitag könnte ein Rahmenabkommen beschlossen werden, der eine eigenständige Kandidatur verbietet.“ Dies müsse bereits jetzt mit allen Mitteln verhindert werden, so Prütz.

WASG-Bundesvorstandsmitglied Klaus Ernst hatte vor einer Woche den Berliner Landesverband aufgefordert, vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz im März „keine voreiligen Entscheidungen zu treffen“. Ernst selbst wollte über Konsequenzen zwar nicht sprechen. In Bundesvorstandskreisen wird jedoch gemunkelt, dass bei einer eigenständigen Kandidatur die Berliner WASG aufgefordert wird, einen anderen Namen zu nutzen. Selbst über einen Ausschluss werde diskutiert. Seyfarth wies die Drohungen zurück: Ein Ausschluss würde bloß einen komplizierten Rechtsstreit zur Folge haben, „den der Bundesvorstand bestimmt nicht verantworten möchte“. Damit sei niemandem gedient, so Seyfarth.

Für den Parteitag liegt zudem ein Antrag zur Neuwahl des Landesvorstands vor. Der derzeitige ist mehrheitlich für einen gemeinsamen Wahlantritt. „Ich rechne mit Änderungen im Vorstand“, sagte Seyfarth. FELIX LEE