Ticket-Drohung
: Die kalkulierte Verhöhnung

Das Spiel ist ermüdend, weil die hoch verschuldete BVG es alle Jahre wieder spielt. Die Unternehmenskalkulatoren lancieren ihre Traumpreise fürs nächste Jahr, ein Aufschrei geht durch die Stadt, Gegenvorschläge folgen, irgendwann einigt man sich in der Mitte. Same procedure as every year, also? So einfach ist es dieses Mal nicht. Die BVG hat sich verrechnet – und mit dem Vorstoß selbst geschadet.

KOMMENTAR VON ULRICH SCHULTE

Zum einen haben die nüchternen Rechner mit dem Tarifkonzept das Ansehen der BVG in der Stadt beschädigt. Eine Abmachung mit dem Senat nur wenige Monate später für obsolet zu erklären, ist eine kaum zu überbietende Dreistigkeit. Zumal sich die BVG nach dem Versprechen, 2006 nicht teurer zu werden, im August dieses Jahres einen außergewöhnlich hohen Aufschlag gegönnt hat. Ein Privatunternehmen, das so handelt, verliert an Glaubwürdigkeit. Ein Landesunternehmen, das den Berlinern gehört, verkennt seinen Daseinszweck. Mehr noch: Es offenbart, wie wenig es von seinen Besitzern hält.

Die steigenden Energiepreise sind ein Behelfsargument. Sie machen nur einen kleinen Teil der Kosten aus, die BVG bekommt als Großkunde Sonderkonditionen. Die jetzige Ankündigung reiht sich also ein ins verzweifelte Werkeln an der katastrophalen Finanzsituation. Und dabei tritt zutage, wie vernagelt manche Verkehrsmanager noch denken. Mal ganz abgesehen von der Frage, welcher Kundenstamm auf Dauer in einer ausgebluteten Stadt solche Preise zahlen soll: Die BVG-Oberen sind weit davon entfernt, strategisch zu handeln. Sonst würden sie angesichts steigender Spritpreise nicht jammern, sondern Autofahrer in Busse locken.

Aber wie gesagt, dieses Mal haben sie sich verrechnet. Durch ihr Vorpreschen hat die BVG die Reihen ihrer politischen Widersacher geschlossen. Deshalb werden die Ticketpreise auch 2006 so bleiben wie heute – wie es mal vereinbart war.