Wenn die Gondeln Merkel tragen

Angela Merkel ist die erste Kanzlerin Deutschlands. Und die erste Kanzlerin, die zur Arbeit mit der Gondel fahren könnte. Was aber wäre, wenn die Spree zur Protokollstrecke von Käptn Merkel würde?

VON UWE RADA

Berlin ist nicht Venedig. Oder doch? Mehr Brücken als am Canale Grande soll es in der Spreestadt ja schon geben. Und nun auch noch das: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kann, wenn sie will, mit der Gondel zur Arbeit fahren.

„Von ihrer Wohnung gegenüber der Museumsinsel bis zum Kanzleramt geht es auf dem Schiff schneller als auf der Straße“, versichert der Sprecher der Berliner Wasserschutzpolizei, Olaf Wedekind.

Voraussetzung sei allerdings, dass Merkels Dienstgondel nicht per Muskelkraft betrieben werde oder „untermotorisiert“ sei. „Zwischen dem Haus der Kulturen der Welt und der Oberbaumbrücke dürfen nur Sportboote mit einer Motorleistung von mehr als 5 PS fahren“, erklärt Wedekind. Und natürlich Fahrgastschiffe. „Auch mit einem Binnenschifferpatent ist das kein Problem.“ Ob Frau Merkel auch ein solches Patent besitzt, war im Konrad-Adenauer-Haus gestern nicht bekannt.

Auch nicht, welche Sicherheitsvorkehrungen das Ganze mit sich bringen würde. Im vergangenen Jahr musste ein Anleger für Fahrgastschiffe vor dem Paul-Löbe-Haus geschlossen werden. Das BKA hatte Sicherheitsbedenken angemeldet, der Ältestenrat des Bundestages daraufhin die Nutzung untersagt. Erst nach wochenlangem Tauziehen hatten sich die Beteiligten geeinigt, den Anleger um einige Meter zu versetzen.

Dass auf der Spree auch politische Gefahrengüter transportiert werden können, davon ist Stefan Vens allerdings überzeugt. Der Fahrgastschiffer hatte erst im letzten Jahr der Spreetaufe des frischgekürten Bundespräsidenten Horst Köhler beigewohnt. „Das BKA hat das Schiff untersucht, ein paar Taucher haben die Strecke abgetaucht, vorneweg und hintenweg die Wasserschutzpolizei und ein Schiff der Bundespolizei, das war’s.“

Was sich Spreekapitän Vens aber nicht vorstellen könnte, wäre eine Komplettsperrung der Spree für die Zeit, in der die Bundeskanzlerin auf ihrer Protokollstrecke unterwegs ist. „Grade im Sommer ist die Spree an dieser Stelle die Hauptausflugsstrecke. Da kann man beinahe von Schiff zu Schiff springen. Eine Sperrung wäre eine Katastrophe.“

Das sieht man auch bei der Reederei Bruno Winkler so, einer von 56 Reedereien in Berlin. „Das wäre wie ein Auto, das im Stau steht“, sagt die Dame am Telefon. Nur ihre Kollegin von der Reederei Riedel ist da gelassener. „Wir haben grade Winter, die Saison ist vorbei“, sagt sie. Ob sie hofft, dass Frau Merkel zum Saisonstart im Frühjahr bereits wieder abgewählt ist?

Apropos Winter und Schifffahrt: Warum eigentlich nicht die „Philippa“ im Kreuzberger Urbanhafen zum schippernden Kanzleramt umbauen? Wintertauglich ist das schnittige Schickischiff schon, und immerhin steht schon heute der erste Staatsbesuch in Paris an. Würde Merkel denselben ein paar Wochen nach hinten verschieben, könnte sie sich während eines Törns über Spree, Havel, Elbe-Havel-Kanal, Mittellandkanal, Dortmund-Ems-Kanal, Rhein, Rhein-Marne-Kanal und die Seine bestens auf ihren ersten Besuch bei Staatspräsident Jacques Chirac vorbereiten.

Alles Utopie? Nein, meint Olaf Wedekind von der Wasserschutzpolizei. Der Anfang sei vielmehr gemacht. „Am Pergamonmuseum gibt es einen Schiffsanleger, und an der Moltkebrücke am Kanzleramt stehen bereits Pfähle, die leicht zum Anleger umgebaut werden können.“ Wenn das kein Omen ist: Angela Merkel, nicht nur die erste Kanzlerin der Bundesrepublik, sondern auch die erste, die zu Wasser, zu Lande und in der Luft regiert.