PHILIPP MAUSSHARDT über KLATSCH
: Herr Sauer ist schlauer

Angela Merkels chemischer Ehemann stößt die Schlüsselloch-Journalisten ab wie Öl das Wasser

A-moll, E7, dann G, F und C. Es gibt Lieder, deren aufeinander folgenden Gitarrengriffe man nie vergisst, weil man sie zu oft gespielt hat. „Du kannst nicht sagen, dass wir es nicht versucht hätten“: G, F, C. Ja, ja, „Angie“, trockne deine Augen. Come on baby, dry your eyes. Dass die Junge Union diesen Song der Rolling Stones einmal besetzen würde, hätte ich mir damals, als „Angie“ schon einmal aktuell war, nicht träumen lassen. Die pickeligen Jungs, die ich aus der Jungen Union kannte, verstanden doch nichts von echter Leidenschaft und wahrer Liebe.

„Frau Merkel, sind Sie jetzt glücklich?“

„Frau Merkel, empfinden Sie Stolz?“

„Wo war Merkels Mann?“

Die ersten beiden Fragen richtete das Erste Deutsche Fernsehen an Angela Merkel, die dritte stellte die Bild-Zeitung ihren Lesern. Wenn damit nicht schon bewiesen ist, wie gut es uns geht, dann vielleicht mit einem Hinweis, den Bild gestern noch nachlieferte: Also Herr und Frau Merkel (wobei er ja eigentlich Professor Joachim Sauer heißt) schlafen nicht getrennt. Oder anders herum: Sie übernachten, so will es das Blatt recherchiert haben, zusammen in einem gemeinsamen Bett.

Jetzt wissen wir zwar noch immer nicht alles, aber die Nation scheint über diesen Hinweis doch einigermaßen beruhigt. Denn so, wie Jacques Chirac ihre Hand nahm, sie zum Mund führte, den Arm um sie legte und zum Abschied lange noch im Schlosshof stand und winkte, da hätte sich schon ein böser Verdacht einstellen können: erst einen Tag im Amt und schon ein Verhältnis!

„Frau Merkel“, wollte der ARD-Hauptstadtkorrespondent Thomas Roth wissen, „wird dieses Amt Sie verändern?“ Denn so zärtlich wie Chirac war noch nie ein Mann zu ihr, jedenfalls nicht öffentlich. Das Amt hat sie also schon am ersten Tag verändert, denn die „Liebe verändert die Welt“ (Rainer Haak im Weltbild-Verlag für nur 5 Euro und 50 Cent). Und was sagt Professor Sauer dazu? Er sagt, was er schon einmal sagte, als jemand es wagte, ihn auf die Ehe mit IHR anzusprechen: „Meine Person steht in keinem Verhältnis zu der politischen Arbeit von Angela Merkel.“ Er spricht tatsächlich von „Angela Merkel“, wenn er seine Frau meint.

Als mein Vater vor vielen Jahren als Ehepartner einer Stadträtin in die englische Partnerstadt Ellesmere Port mitreisen durfte, war er der einzige Mann im so genannten Damenprogramm. Artig lief er, während seine Frau die politischen Gespräche führte, den anderen Ehegattinnen in der Einkaufsmeile hinterher, trank anschließend Tee mit den Ladies und schaute sich dann sogar ein Handarbeitsmuseum an. Er lächelte die ganze Zeit über höflich. Erst zu Hause tobte er und schwor, meine Mutter nie wieder auf einer politischen Reise zu begleiten.

Herr Sauer ist schlauer. Herr Sauer ahnt nicht nur, er weiß, was auf ihn zukäme, würde er sich in den öffentlichen Strudel begeben. Ganz entziehen wird er sich nun nicht mehr können. Immer wird ab jetzt jemand die Nächte zählen, in der Herr Sauer oder Frau Merkel sehr spät oder gar nicht nach Hause kommen. Und schon dreimal nicht wird auch der Professor ins Kanzleramt einziehen.

Dass Angela Merkel ein Verhältnis mit einem Berliner Journalisten habe, war das erste Gerücht, dass ich über sie hörte. Es ist schon drei Jahre alt, aber es geistert noch immer. Und es wird nicht das letzte bleiben. Für einige Medien ist die Vorstellung schier unerträglich, dass da vielleicht gar nichts ist. Dass Sex im Leben der Bundeskanzlerin möglicherweise keine große Rolle spielt. Ein viermal verheirateter Schröder gibt da doch mehr her.

„Herr Sauer, Herr Sauer, Ihre Frau hat ein Verhältnis! Was sagen Sie dazu?“

Professor Sauer wird keine Miene verziehen, wird höflich darum bitten, ihm den Weg in den Hörsaal frei zu machen, und seine Vorlesung über „Zerschnittene Bindungen und Oberflächenzustände“ am Beispiel von molekularen Modellen halten.

Hoffentlich hält er durch. Für mich ist dieser Mann ein echter, vielleicht der letzte Medienheld.

Fragen an den Mann? kolumne@taz.de Montag: Peter Unfried über CHARTS