WASG auf Kollisionskurs

Bei ihrem Parteitag am Wochenende stellt die Wahlalternative die Weichen, ob es zu einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei in Berlin kommt. Die Zeichen stehen auf Alleingang

Von Korbinian Frenzel

Die Parteiprominenz soll es richten: Ihren Bundesvorsitzenden Klaus Ernst und die Vizefraktionschefin der Linkspartei im Bundestag, Inge Höger-Neuling, fährt die Wahlalternative Arbeit & Soziale Gerechtigkeit (WASG) am Samstag auf, um die Delegierten des Berliner Landesparteitages zur Räson zu bringen. Denn die wollen offensichtlich mehrheitlich die Weichen für einen Alleingang bei der Abgeordnetenhauswahl im kommenden September stellen. Die Folge: WASG und Linkspartei, die im Bundestag eine gemeinsame Fraktion bilden und 2007 zu einer Partei verschmelzen sollen, würden im Berliner Wahlkampf gegeneinander antreten. „Das wäre ein Schaden für das Projekt einer gemeinsamen linken Partei in Deutschland“, sagte das frühere Mitglied des Bundesvorstands, Helge Meves.

Wie hältst du’s mit der PDS? – in der Berliner WASG ist dies zur Gretchenfrage geworden. Dafür gibt es gute Gründe: Der Landesverband habe sich auch aus Protest gegen Rot-Rot auf Landesebene und nicht nur gegen Rot-Grün gegründet, sagt Michael Hammerbacher, der am Wochenende für den Landesvorstand kandidieren will. Eine Fusion sei nur denkbar, wenn es zu einem grundsätzlichen Politikwechsel der PDS komme. „Wir können nicht gemeinsam antreten, um dann eine zweite SPD zu werden“, so Hammerbacher. Im scheidenden Landesvorstand sieht man den Konflikt, will aber trotzdem Seit an Seit mit der PDS in die Wahlauseinandersetzung ziehen. Zumindest soll die Entscheidung gegen die Sozialisten nicht voreilig gefällt werden.

Denn bevor es zur grundsätzlichen Entscheidung kommt, geht es am Samstag um den Fahrplan der WASG bis zum September 2006. Eine Formalie mit Zündstoff, denn flügelübergreifend wird darin eine Vorentscheidung über die Frage einer eigenen Liste zur Abgeordnetenhauswahl gesehen. Der Landesvorstand, der die Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt sowie den Bundesparteitag im März abwarten möchte, bevor die Mitglieder in einer Urabstimmung über eine Kandidatur entscheiden, rechnet mit einer Niederlage. „Die Mehrheitsverhältnisse sprechen gegen uns“, sagte Landesvorstandsmitglied Luigi Wolf gestern der taz.

In der WASG geht man von einer deutlichen Mehrheit für einen Antrag aus, der die Mitgliederbefragung bereits Ende Februar durchführen will. Der Grund: Allgemein wird befürchtet, dass auf Bundesebene bereits Fakten geschaffen werden könnten, die ein eigenständiges Antreten erschweren oder unmöglich machen könnten.

Um eine Spaltung zu verhindern, setzen die Kritiker einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei.PDS bereits auf einen Ausgleich zwischen den Fronten. Es wird damit gerechnet, dass die Fusionsgegner am Wochenende zwei Drittel der Delegierten stellen werden. Dennoch sollen Befürworter eines gemeinsamen Wahlantritts weiterhin in die Parteiarbeit eingebunden werden, kündigte Michael Prütz an. Neben Hammerbacher wird er einer der zentralen Figuren im neuen Landesvorstand sein, der am Sonntag gewählt wird.

Der realpolitische Flügel, der für eine WASG bei der Abgeordnetenhauswahl ohne PDS keine Chance sieht, will das Angebot offenbar annehmen. Dort rechnet man mit zwei der elf Vorstandsposten. Die drohende Abstimmungsniederlage auf dem Parteitag soll spätestens bei der Mitgliederbefragung im Frühjahr zurechtgerückt werden. Der Kurs der Ablehnung gegenüber der PDS werde keine Mehrheit finden, heißt es bei den Realos. Denn ein Großteil der zurzeit rund 800 Mitglieder ist erst nach der Kooperation von WASG und PDS zur Bundestagswahl eingetreten. „Die wollen den Erfolg und sind bereit, Kompromisse zu machen“, hofft eine Delegierte.