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: Nehmt „Bild“ beim Wort!

Jetzt will schon „Bild“ selbst die „Bild“-Zeitung entmachten – und die „Bild“-Kritiker stecken in der Klemme

Eines muss man der Werbeagentur „Jung von Matt“ lassen: Sie ist ein echter Hingucker, ihre neue Bild-Kampagne. Sie irritiert. „Zerstört Bild“ steht da, oder „Entmachtet Bild“, und auch „Nieder mit Bild“. Wer Bild zerstören, entmachten, niedermachen will, steht klein in der Ecke des Plakats. Günter Wallraff? www.bildblog.de? Die taz? Falsch. Die können sich so eine flächendeckende Plakatierung gar nicht leisten. Es sind, steht auf den Plakaten, „Der Bund der Sozialschmarotzer“, „Der Bund der korrupten Politiker“, „Der Bund der bestochenen Schiedsrichter“ sowie „Der Bund der Benzin-Abzocker“ – es ist Bild selbst. Die Botschaft: Die allerbösesten Schurken dieses Landes haben sich zusammengerottet, um gegen die aufklärerische Boulevardzeitung anzukämpfen – und der gute Deutsche muss Bild kaufen, damit diese die finsteren Mächte weiterhin in Schach halten kann.

Und die eigentlichen Bild-Kritiker stecken in der Klemme. Klar, man könnte sich einmal mehr und angesichts dieser Plakate heftigst ereifern über die Frechheit und den Zynismus, mit dem „Europas größte und übelste Sexualklatschkloake“ (Gerhard Henschel) Antiaufklärung betreibt und all jene, die dagegen aufbegehren, kriminalisiert. Aber das wäre hoffnungslos altmodisch. Was hilft es noch, beherzt und ehrenwert „Stoppt Springer!“ zu skandieren, wenn der Bild-Chef Kai Diekmann das ebenfalls tut und damit auch noch für sein Blatt wirbt?

Warum überhaupt Springer stoppen wollen? Erfolgversprechender ist es, die kleinen und großen Fehler und Manipulationen der Bild aufzudecken. Und auf die Bild-Konsumenten zu vertrauen: Mancher ist vielleicht schon dermaßen matschig in der Birne, dass er sich die Aufforderung „Zerstört Bild“ genauso zu Herzen nimmt wie 1968 Josef Bachmann die Bild-Hetze gegen Rudi Dutschke.

STEFAN KUZMANY