Neue Gurken von der WASG

Nach handfestem Streit wählen die Delegierten beim Landesparteitag der WASG eine neue Führung. Diese setzt auf einen Alleingang bei der Abgeordnetenhauswahl. Bundeschef Klaus Ernst scheitert

von Korbinian Frenzel

Zwei Tage Streit über Kurs und Personal der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) haben für blank liegende Nerven gesorgt. Am Sonntagmittag eskalierte der Streit auf dem Parteitag, bei dem es schon zuvor nicht an harten Worten, Vorwürfen und Anschuldigungen gemangelt hatte. Jetzt packten Hände zu, als die Auseinandersetzung über die Neuwahl des Landesvorstands außer Kontrolle geriet. Den Handgreiflichkeiten zwischen Delegierten und Präsidium folgte der Auszug ganzer Delegiertengruppen aus dem Saal. Grund der Turbulenzen: Die Neuwahl des ebenfalls gestern zurückgetretenen Vorstands verstieß nach Ansicht vieler gegen die Satzung.

Diese Neuwahl war die letzte Klippe, die die rund 150 Delegierten bei diesem äußerst turbulenten Parteitag zu umschiffen hatten. Befürworter und Gegner einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei.PDS hatten sich zuvor heftig über Inhalte und Personal für den Landesvorstand gestritten. Nach einer kurzen Unterbrechung bestätigte die WASG auch personell, was sie am Tag zuvor inhaltlich beschlossen hatte. Die Partei will demnach bereits jetzt die Weichen dafür stellen, im September 2006 gegen die PDS mit einer eigenen Liste bei der Abgeordnetenhauswahl anzutreten. Die Absage an die Sozialisten, denen eine neoliberale Politik im rot-roten Senat vorgeworfen wird, findet künftig auch im neu gewählten Landesvorstand eine deutliche Mehrheit. Bei den Wahlen zum geschäftsführenden Vorstand setzten sich der Gewerkschafter Stefan Müller und Lucy Redler von der Sozialisitischen Alternative (SAV) durch. „Die wollen in jedem Fall eigenständig antreten“, hieß es unter den Delegierten. Auch bei der Wahl der sieben weiteren Posten im erweiterten Vorstand zeichnete sich ein Durchmarsch der Zusammenarbeitsgegner ab. Klaus-Dieter Heiser und Marianne Schauzu, die eine gemeinsame Liste mit der PDS anstreben und eine Entscheidung darüber erst möglichst spät im kommenden Jahr treffen wollten, fielen bei den Spitzenposten durch. Heiser wurde im zweiten Wahlgang in den erweiterten Vorstand gewählt.

Weder der Bundesvorsitzende der WASG, Klaus Ernst, noch der designierte PDS-Chef Klaus Lederer konnten für einen Stimmungswechsel bei den Delegierten sorgen. Beide plädierten dafür, den Prozess der Zusammenarbeit nicht zu gefährden. Lederer äußerte Verständnis. In seiner Partei gebe es aber auch Grenzen bei Kompromissen.

Die will die WASG offensichtlich ausloten. Mit einer Zweidrittel-Mehrheit sprach sich der Parteitag für ein Vorziehen der Mitgliederbefragung auf Ende Februar oder Anfang März aus. Bis dahin soll „ergebnisoffen“ mit der PDS verhandelt werden. Parteiintern gilt aber als ausgemacht, dass ab jetzt die Vorbereitungen zum eigenständigen Wahlantritt beginnen. Parteitagsdelegierte kommentierten diese Entscheidung, indem sie nach der Abstimmung mit einem Banner in den Saal einzogen. Ihre Forderung: „Sektierer aller Bezirke, vereinigt euch!“