Umzug offen

Von ULRIKE HERRMANN

Es wird spannend: SPD-Verkehrsminister Tiefensee soll heute einen Bericht im Kabinett abliefern. Denn seit letzter Woche gibt es Streit. Die Bahn will die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und die Hamburger Hochbahn (HHA) kaufen. Gleichzeitig kündigte Bahnchef Hartmut Mehdorn an, er wolle auch die Konzernzentrale von Berlin in die Hansestadt verlegen (siehe unten). Seither wogt die Debatte – zwischen den Bürgermeistern, zwischen der Bahn, ihren Konkurrenten und Fahrgastverbänden.

Dabei sind die Pläne längst nicht so eindeutig: „Es gibt noch keine konkreten Verabredungen“, sagt etwa Michael Klein von der Bahngewerkschaft Transnet. Auch der Bahn-Aufsichtsrat sei bisher nicht eingeweiht. Prinzipiell allerdings begrüßen die Beschäftigten den „noch wenig konkreten Deal“. Sie fänden es gut, wenn ihr Unternehmen bei der Logistik stärker werden würde.

Auch aus Hamburg kommen eher unklare Signale. Zwar hat der dortige CDU-Wirtschaftssenator Wolfgang Peiner in einem Interview verlauten lassen, dass man mit der Bahn die „Eckdaten“ eines „Letter of Intent“ vereinbart habe. Trotzdem ist bisher keinesfalls sicher, dass die Bahn eine Mehrheitsbeteiligung erhält. „Dafür ist es zu früh“, sagte Behördensprecher Sebastian Panknin gestern gegenüber der taz.

Die Hamburger verweisen gern darauf, dass die HHLA nicht nur für die Bahn interessant sei. Wer die anderen Bewerber sind, darüber schweigen sich die Hanseaten allerdings aus. „So etwas ist diskret“, sagt Panknin. Etwa 500 Millionen Euro wollen die Hamburger für 49 Prozent der HHLA kassieren.

Im vergangenen Jahr schlug die HHLA 4,6 Millionen Container um, eine Steigerung um 17,1 Prozent. Der Umsatz lag bei 716 Millionen Euro, der Gewinn bei 32,4 Millionen. Problem: Die Eigenkapitalquote von 11 Prozent ist zu gering, um expandieren zu können. Bis 2015 will die HHLA eine Milliarde Euro investieren und 10 Millionen Container umschlagen. Da braucht es einen finanzstarken dritten Partner.

Auch der private Bahnkonzern Connex hätte sich gern um die HHLA und die HHA beworben. „Bei öffentlichen Unternehmen muss es ein öffentliches Verfahren geben“, fordert Sprecher Andreas Winter. Die Hamburger Wirtschaftsbehörde hält dagegen: „Es wird kein Auftrag erteilt“, sagt ihr Sprecher Panknin, „sondern eine Beteiligung verkauft“. Da würden die Regeln der öffentlichen Ausschreibungen nicht gelten.

Schon jetzt macht die Bahn 48 Prozent ihres Umsatzes mit dem Bereich Transport und Logistik. Besonders lukrativ war dabei die zugekaufte Firma Schenker – sie allein erwirtschaftete im Jahr 2004 einen Gewinn von 193 Millionen Euro. Mit der HHLA verstärkt sich dieser Trend. Der Fahrgastverband „Pro Bahn“ ist konsterniert: „Die Bahn entfernt sich von der Schiene; sie wird wird immer mehr zu einem See-, Straßen- und Luftfahrtunternehmen“, moniert Vizechef Joachim Kemnitz.

Wenig glücklich ist auch das Land Bremen. Dort „befürchtet“ man vor allem „Nachteile“ für den Tiefwasserhafen in Wilhelmshafen, der 2010 fertig werden soll. Man sieht die Gefahr, dass die Bahn AG mit „gezielter Rabattierung“ den Güterverkehr vor allem zur HHLA in den Hamburger Hafen lenken könnte. Dennoch hat man noch nicht mit Mehdorn gesprochen. „Es ist doch sowieso alles in der Schwebe“, beruhigt sich der Bremer Behördensprecher Frank-Matthias Wacket.

Doch nicht nur der Kauf der HHLA ist umstritten. Der grüne Verkehrspolitiker Winfried Hermann sorgt sich auch wegen der geplanten Fusion von Bahn und HHA. Denn die Hamburger Hochbahn sei „der ärgerlichste Konkurrent für die Bahn“. Sie gewann zuletzt eine Reihe von Ausschreibungen – so in Kiel und Lübeck. Nun würde „der regionale Wettbewerb wieder beseitigt, der so mühsam aufgebaut wurde“.