Mit Tricks und Petrodollars an der Macht

Bei den Präsidentschaftswahlen in Kasachstan tut der Staatsapparat alles für den Sieg des amtierenden Nursultan Nasarbajew. Die Opposition sieht sich behindert und wirft der Regierung Betrug vor. Eine „orangene Revolution“ steht dennoch kaum an

AUS ALMATY MARCUS BENSMANN

Gelb ist die Kampagnenfarbe bei den kasachischen Präsidentschaftswahlen. Sowohl der amtierende Präsident Nursultan Nasarbajew als auch sein ärgster Herausforderer von dem Oppositionsbündnis Für ein gerechtes Kasachstan, Scharmachan Tujakbai, führen den Wahlkampf im Zeichen der Sonne. Morgen kandidieren neben dem seit 1989 regierenden Nasarbajew vier weitere Bewerber um das höchste Staatsamt in dem zentralasiatischen Staat zwischen kaspischem Meer und chinesischer Grenze. Die kasachische Staatsmacht tut alles, um einen überragenden Sieg des amtierenden Präsidenten zu gewährleisten und eine Straßenrevolution wie zuvor in Georgien, der Ukraine und Kirgisien nach dem Urnengang zu vereiteln.

Stolz verweist Nasarbajew auf die boomende Wirtschaft des 15-Millionen-Einwohner-Staates. Innerhalb von sieben Jahren könne Kasachstan wirtschaftlich mit den Staaten Osteuropas gleichziehen, verspricht er. Tatsächlich wächst die Wirtschaft dank des hohen Öl- und Rohstoffpreises um stetige 10 Prozent. Der Staatshaushalt weist einen satten Überschuss aus.

Der Rohstoffsektor wird ausschließlich von der engsten Umgebung des Präsidenten kontrolliert. Seit 2001 schwelt eine Korruptionsaffäre: Über 70 Millionen US-Dollar soll der Präsident von westlichen Ölfirmen angenommen haben.

Doch auch die Bevölkerung des zentralasiatischen Staats profitiert von den sprudelnden Petrodollars. Die vormalige Hauptstadt Almaty hat sich innerhalb von wenigen Jahren zu einer pulsierenden Metropole gewandelt. Die neuesten Modelle japanischer und deutscher Jeeps gehören zu den bevorzugten Fahrzeuge der städtischen Mittelschicht. Die unzähligen Luxushotels in der Stadt sind das Jahr über ausgebucht. Modeboutiquen und italienische und japanische Restaurants reihen sich im Stadtzentrum aneinander.

Die Opposition leugnet den wirtschaftlichen Aufstieg des Landes nicht, nur sei dies allein dem hohen Ölpreis zu verdanken. „Wir könnten schon viel weiter sein, wenn der Reichtum nicht von einer Hand voll Leute geraubt würde“, sagt Tujakbai in dem dreistöckigen Hauptquartier in Almaty.

Der 58-jährige Tujakbai war wie viele kasachische Oppositionelle früher Parteigänger Nasarbajews und hat als Parlamentssprecher dessen Politik verteidigt. Nach den von der OSZE deutlich kritisierten Parlamentswahlen 2004 ist er jedoch in die Opposition gewechselt. „Man klaut Millionen Stimmen, um Milliarden US-Dollar zu rauben“, sagt Tujakbai.

Die vier Oppositionskandidaten dringen mit der Botschaft kaum durch. In den Fernsehnachrichten wird nur der Präsident gezeigt, wie er Fabriken einweiht und Staatsgäste empfängt. Die Opposition muss sich die Werbeminuten zu Preisen erkaufen, die kurz vor den Wahlen von den Fernsehsendern um ein Dreifaches angehoben wurden. Die wenigen Oppositionszeitungen werden behindert und mit Geldstrafen überzogen.

Das Gesetz verbietet, Wahlveranstaltungen unter freiem Himmel abzuhalten. Auf den großflächigen Plakatwänden lächelt allein Nasarbajew dem Wählervolk zu, Tujakbai hat es in dem riesigen Land lediglich auf zehn Plakatwände geschafft. „Wir hätten ausreichend Geld, doch man weigert sich, uns die Werbeflächen zu vermieten“, erklärt dessen Wahlkampfmanager.

Der Kandidat geht von massiven Wahlfälschungen aus. Gestern verteilte Tujakbai auf einer Pressekonferenz in Almaty Kopien von Dokumenten, die angeblich die Behörden anweisen, die Ergebnisse schon vor den Wahlen zu Gunsten Nasarbajews festzulegen. Eine Mitarbeiterin der Zentralkommission schließt jedoch die Existenz solcher Listen kategorisch aus. Tujakbai lässt offen, ob es nach dem Urnengang zu Demonstrationen kommen könnte.