„Die Konferenz ist gut gestartet“

Halbzeit bei der Klimakonferenz in Montreal. 160 Kioto-Staaten nahmen das Kioto-Protokoll an. Jetzt geht es um die Verhandlung von Strafen gegen Klimasünder und die Zukunft des Klimaschutzes. Interview mit Regine Günther vom WWF

taz: Frau Günter, was ist in Montreal bisher passiert?

Regine Günther: Die Konferenz ist mit der schnellen Bestätigung des Kioto-Protokolls gut gestartet. Jetzt geht es darum, den Sanktionsmechanismus verbindlich zu machen. Es ist wichtig, dass möglichst viele ausstehende Fragen unter dem Kioto-Protokoll statt unter der unverbindlichen Klimakonvention verhandelt werden.

Mit welchen Strafen müssen Kioto-Sünder rechnen?

Darüber wird derzeit verhandelt. Der Kontrollmechanismus wird aber zweigeteilt sein: Vor einer Bestrafung soll ein Beratungsausschuss den Ländern helfen, ihre Ziele zu erreichen. Wenn sie trotzdem am Ende ihre Reduktionsziele nicht erreichen können, entscheidet ein Sanktionsausschuss.

Wie geht es auf der Konferenz weiter?

Im Moment wird auf Beamtenebene verhandelt. Kommen sie zu keinen Ergebnissen, sind in der nächsten Woche die Umweltminister gefragt. Dabei wird es auch um das Klimaprotokoll über das Jahr 2012 hinaus gehen, in das die Entwicklungsländer eingebunden werden sollen.

Wie soll das funktionieren?

Von den Entwicklungsländern wird nicht erwartet, dass sie sich absolute Ziele für die Reduktion der Emissionen geben. Hier sind weiterhin die Industriestaaten in der historischen Verantwortung. Aber viele Entwicklungsländer wie Südafrika und Brasilien zeigen ihre Dialogbereitschaft.

Durch die Bestätigung von Kioto wird der Emissionshandel ausgebaut. Was ändert sich?

Im Moment gibt es für den Emissionshandel in der EU für jede einzelne Anlagen absolute Begrenzungen des CO2-Ausstoßes. Dieses System bezieht sich auf die Stromversorger und die stark energieverbrauchenden Unternehmen. Ab 2008 gibt es dann Emissionshandel zwischen Staaten.

Halten Sie die bisherigen Regelungen zum Emissionshandel für erfolgversprechend?

Ziel des Emissionshandels ist es, die Treibhausgase absolut zu begrenzen und die Reduktion dort durchzuführen, wo sie am kostengünstigsten ist. Das setzt ein vernünftiges Rahmenabkommen voraus. Auf internationaler Ebene ist dies das Kioto-Protokoll, und in der EU sollen das die Pläne der einzelnen Staaten sein.

Die EU-Kommission hofft, die Kioto-Ziele noch erreichen zu können. Ist das realistisch?

Bisher wurden die Emissionen der Treibhausgase nur um 1,4 Prozent reduziert. Angestrebt sind aber 8 Prozent. Um die Ziele noch zu erreichen, müssten fast alle EU-Staaten ihre Anstrengungen für den Klimaschutz drastisch erhöhen.

Wird es möglich sein, die USA in das Abkommen zum Klimaschutz einzubinden?

Erst mal nicht, auch wenn die USA mit einem Anteil von 25 Prozent der weltweiten CO2 Emissionen zu den größten Klimasündern zählen. In Montreal laufen viele Teilnehmer mit einem Anstecker herum, der den Countdown bis zum Ende von Bushs Amtszeit runterzählt. Unter Bush wird sich die Haltung zum Klimaschutz nicht mehr verändern. Der Leiter der US-Delegation, Harlan Watson, hat gleich zu Beginn der Konferenz klargestellt, dass die USA nicht über Ziele nach 2012 verhandeln werden. Langfristig müssen die USA zum Klimaschutz zurückkehren. Auf der Ebene der US-Bundesstaaten wird schon einiges für den Klimaschutz getan.

Wie sieht Ihre Zwischenbilanz aus?

Bisher verlief die Konferenz erfolgversprechend. Die Sanktionsmechanismen müssen jetzt noch verabschiedet werden. Auch am Plan für die Zeit nach 2012 unter dem Kioto Protokoll muss noch viel gearbeitet werden. Hier muss die EU viel stärker als bisher als Motor auftreten. INTERVIEW:
MIRJAM MEINHARDT