Die Zukunft der Vergangenheit

Der Potsdamer Platz hatte die rote Infobox, die Museumsinsel hat seit gestern einen Medienraum. Virtuelle Rundgänge sollen einen Blick auf die künftige Gestalt des Weltkulturerbes ermöglichen

von Sebastian Frenzel

Was im Museum steht, ist alt – was im Pergamonmuseum steht, ist ganz alt. Aus der fernen Antike stammen die Exponate des Hauses, aber künftig werden die Besucher hier nicht nur in die Vergangenheit, sondern auch in die Zukunft blicken können. Möglich macht das ein Computerprogramm im neuen Medienraum des Museums, mit dem man sich virtuell ins Jahr 2015 begeben und einen Eindruck von der zukünftigen Gestaltung der Museumsinsel bekommen kann.

Gut gelaunt sprach Klaus-Dieter Lehmann, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, bei der gestrigen Eröffnung des Medienraums von der „Museumsinsel als Verlaufsform“. Man wolle den Besuchern ermöglichen, „nach hinten und nach vorne“ zu schauen. Konkret sieht das so aus: Auf eine Leinwand wird ein dreidimensionales Modell der Museumsinsel projiziert. Über einen Computerbildschirm kann man sich entlang der künftigen „archäologischen Promenade“ durch die einzelnen Gebäude bewegen. Dazu gibt es historische Fotos des Areals und kurze Begleittexte. Realisiert hat das Projekt die Art+Com AG, die Kosten von rund 100.000 Euro wurden durch Spenden im Rahmen des Kuratoriums Museumsinsel aufgebracht.

Spannend ist dabei vor allem der Blick auf das Neue Museum, das im Zweiten Weltkrieg zu großen Teilen zerstört wurde. Wo momentan noch Planen und Baugerüste die Sicht versperren, wird künftig ein nach Plänen des britischen Architekten David Chipperfield errichteter Bau zu sehen sein, der das historische Gebäude behutsam rekonstruiert. Gänzlich neu gebaut wird ebenfalls unter Federführung Chipperfields der zentrale Eingangsbereich in Gestalt einer gläsernen Halle, die sich vor dem Neuen Museum erstrecken wird. Klaus-Peter Schuster, Generaldirektor der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, verglich diesen Neubau mit der von Ieoh Ming Pei errichteten Pyramide vor dem Pariser Louvre: „Paris hat die Pyramide, wir haben den gläsernen Quader.“

An großen Worten mangelte es ohnehin nicht. „Das Berliner Museumswunder, alles eins zu eins da, the real thing“, schwärmte Schuster, als er per Computer durch die virtuellen Museumsräume navigierte. Ob die Wortwahl zukunftsweisend oder eher anachronistisch ist, sei dahingestellt. Kritische Stimmen – wie die der Gesellschaft Historisches Berlin, die das Restaurierungskonzept Chipperfields ablehnt, weil es zu weit vom Originalzustand abweiche – blieben gestern weitgehend aus. Dabei dürfte der Streit um die Bestückung der Häuser erst richtig beginnen. So stoßen Pläne, die Exponate der Gemäldegalerie vom Kulturforum auf die Museumsinsel zu überführen, weiterhin auf heftige Kritik. Ohnehin werden in den kommenden Jahren noch einige Hürden zu nehmen sein, bis sich die Realität mit der virtuellen Projektion im neuen Medienraum deckt. Nachdem am Montag die Schlüsselübergabe für das renovierte Bodemuseum erfolgte, soll im Jahr 2009 auch das Neue Museum eröffnen. Im Jahr 2015 schließlich soll das gesamte Areal fertig gestellt sein, samt neuer Eingangshalle und einem vierten Trakt des Pergamonmuseums, der einen Rundgang durch das Gebäude ermöglicht.

Momentan herrscht allerdings Planungsstopp – aus finanziellen Gründen. Für Lehmann war denn auch klar, dass als nächstes der Haushaltsausschuss durch den Medienraum geführt werden muss. Die Computeranimationen sollen die Parlamentarier verführen, so Lehmanns Hoffnung auf künftige Mittel für die insgesamt eine Milliarde schweren Bauvorhaben.