Lafontaine ledert WASG ab

Die Linkspartei-Spitzenmänner Lafontaine und Gysi machen auf dem Landesparteitag Druck auf die WASG. Auch der neue Berliner Vorsitzende Klaus Lederer fordert von ihr ein Ja zur Parteifusion

VON MATTHIAS LOHRE

Oskar Lafontaine zeigte am Samstag wieder einmal, dass er etwas von Timing versteht. Als der Chef der Linke-Bundestagsfraktion Station auf dem Parteitag der Berliner Linkspartei.PDS machte, bekam der neu gewählte Landesvorsitzende Klaus Lederer gerade Glückwünsche von allen Seiten. Ins aufbrandende Blitzlichtgewitter reihte sich auch Lafontaine ein. Der Spitzenmann hatte halt nicht viel Zeit – aber immerhin genug, um den GenossInnen mit seiner kurzen Rede Mut zu machen. Schuld an der stockenden Fusion von Wahlalternative und Linkspartei in Berlin, sagte Lafontaine, sei die WASG.

Mit Blick auf die Wahlalternative, deren Mehrheit dem rot-roten Senat „neoliberale“ Politik vorwirft, sagte der Fraktionschef: „Auch dann, wenn es schwierig ist, kann ich als linker Politiker nicht sagen: Ich beteilige mich nicht an Regierungen.“ Die WASG fordert von den GenossInnen, keine Koalitionsaussage für die Abgeordnetenhauswahl im September 2006 zu treffen. Darin sieht die Linkspartei einen Versuch, die Ex-PDS aus der Landesregierung zu hebeln.

Ausdrücklich lobte der Oppositionspolitiker Lafontaine die Regierungsarbeit der Hauptstadt-Linken. Trotz kleiner Spielräume habe die Partei in den vergangenen vier Jahren Großes geleistet: etwa bei der konkreten Umsetzung der Hartz-IV-Gesetze, beim Sozialticket und der Sanierung des Krankenhaus-Konzerns Vivantes.

Gregor Gysi schloss sich am Sonntag den Einheitsbeschwörungen seines Co-Fraktionschefs Lafontaine an: „Einen so wichtigen Vorgang wie die Vereinigung der Linken können wir doch nicht kaputtmachen lassen. Wir stehen bei den Wählern im Wort.“

Dem mit 89,4 Prozent der Delegiertenstimmen gewählten Landeschef Klaus Lederer kam die massive Unterstützung Lafontaines gerade recht. Der 31-Jährige, der das Amt von dem nur ein Jahr älteren Stefan Liebich übernimmt, hatte kurz zuvor „ganz deutliche Aussagen“ der Bundesspitze eingefordert. Und beklagt, dass die WASG „wenig Politik, dafür sehr viel Personalisierung“ zu bieten habe.

Zu diesem Konfrontationskurs passt ein am Wochenende bekannt gewordenes Strategiepapier. Gemeinsam mit seinen Fraktionschef-KollegInnen aus Brandenburg und Sachsen-Anhalt fordert Stefan Liebich darin seine Partei auf, sich stärker auf das Regierungsgeschäft einzulassen: „Regieren muss man vorbereiten und wollen.“

Keine Hand regte sich zum Applaus, als das WASG-Vorstandsmitglied Rouzbeh Taheri in seiner Gastrede der Linkspartei „keine faire Art des Umgangs miteinander“ vorwarf. Anders als von Klaus Lederer behauptet, sei seine Partei weiter gesprächsbereit. Nur wolle die Partei erst im Frühjahr über ein Zusammengehen mit der Linkspartei entscheiden. Aus Sicht der Linken ein Täuschungsmanöver.

Einen politischen Kurswechsel wählten die 125 Delegierten nicht mit ihrem neuen Landeschef Klaus Lederer, der nach vier Jahren Stefan Liebich beerbt. Der 32-jährige Liebich bleibt Fraktionsvorsitzender im Abgeordnetenhaus, beide stehen für den starken Realo-Flügel der Partei. Symptomatisch für die reibungslose Amtsübergabe war eher ein Versprecher der Bundestagsabgeordneten Gesine Lötzsch, die nach Lederers kurzer Wahlrede fragte: „Gibt es Statements an Stefan, äh, Klaus?“

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