Wowereit frischt Landliebe auf

Der Regierende Bürgermeister wirbt erneut für eine Länderehe mit Brandenburg. Ein erster Schritt sollen Behörden-Kooperationen sein. Brandenburger halten sich mit Blick auf Berlins Schulden zurück

VON MATTHIAS LOHRE

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wirbt für einen neuen Anlauf zur Länderfusion von Berlin und Brandenburg. Am kommenden Dienstag werden beide Landeskabinette demonstrativ gemeinsam in Potsdam tagen. Dabei wollen sie neue Kooperationsvereinbarungen bei den Rentenversicherungsanstalten, Statistikämtern und Mahngerichten unterzeichnen.

Die Werbekampagne für ein gemeinsames Bundesland Berlin-Brandenburg hat der Regierende schon vorab in einem Zeitungsinterview gestartet. Darin spricht er sich für eine Reduzierung der Bundesländer von 16 auf neun aus und erklärt: „Aus meiner Sicht kommt es darauf an, den nächsten Schritt, eine Fusion Berlins und Brandenburgs, auch wirklich zu vollziehen.“

Die Brandenburger Kollegen sind da zurückhaltender – aus Sorge vor der verbreiteten Skepsis im Land. „Die neuen Kooperationen bringen unsere Länder näher zusammen“, sagt Regierungssprecher Thomas Braune. „Aber es macht keinen Sinn, jetzt eine Debatte über Zeitpunkte von Abstimmungen zu führen.“

Angst vor Berlins Schulden

Wowereit will die Sorgen der Nachbarn entkräften: Den BrandenburgerInnen müsse klar sein, „dass sie nicht für die Schulden Berlins aufkommen müssen“. Schon heute drückt ein Schuldenberg in Höhe von rund 60 Milliarden Euro auf den Hauptstadthaushalt. Um ihn zumindest teilweise abzutragen, klagt Berlin vor dem Bundesverfassungsgericht um Entschuldungshilfen des Bundes. Erst nach einem positiven Urteil Berlin könnte die Fusionsdebatte an Fahrt gewinnen.

Allein die Zusammenlegung der Verwaltungen und Regierungseinrichtungen, argumentieren die Befürworter, könnte hunderte Millionen Euro einsparen.

Auf dem Tisch liegt ein Plan des SPD-Spitzenkandidaten in Sachsen-Anhalt, Jens Bullerjahn. Neben der Fusion von Berlin und Brandenburg sieht das Papier die Verschmelzung von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vor, außerdem die Verbindung von Saarland und Rheinland-Pfalz sowie ein Bundesland „Hamburg-Küste“. Neben der Hansestadt soll es auch Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein umfassen.

Sympathien für eine Länderhochzeit haben Spitzenpolitiker in Berlin und Brandenburg schon oft bekundet – bislang erfolglos. Zuletzt verständigten sich der Regierende Bürgermeister und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) zu Jahresbeginn darauf, sich nicht zu verständigen: Platzeck fürchtete die weit verbreiteten Vorbehalte gegen den damaligen Fusionsfahrplan. Der hatte für 2006 eine Volksabstimmung und eine Länderverschmelzung drei Jahre darauf vorgesehen. Seither rechnet Wowereit offiziell mit einer Volksabstimmung im Jahr 2010 und für 2013 mit der ersehnten Fusion.

Die hiesigen Grünen sind nicht so optimistisch. „Aber schon heute ließen sich weitere Beziehungen mit Staatsverträgen regeln, etwa bei der Nutzung von Krankenhäusern und Kitas“, sagt das Abgeordnetenhaus-Mitglied Felicitas Kubala.

Bereits seit Juli dieses Jahres sprechen ein gemeinsames Oberverwaltungsgericht (OVG) mit Sitz in Berlin und ein Landessozialgericht in Potsdam Recht. Im Jahr 2007 sollen auch die Landesarbeitsgerichte und die Finanzgerichte fusionieren.