Senat plant neues Modell der Drogenprävention

Mitte des Monats wird die offizielle Eröffnung der Netzwerkstelle für Suchtprävention in Berlin stattfinden. Sie soll Kernstück der neu koordinierten Präventionsarbeit werden. Da es bei den harten Drogen kaum noch Neueinsteiger gibt, widmen sich die Mitarbeiter vor allem dem Cannabismissbrauch

VON BENJAMIN BRAND

Am kommenden Mittwoch eröffnet in der Mainzer Straße in Friedrichshain eine neue „Fachstelle für Suchtprävention“. Wenn es nach der Senatsgesundheitsverwaltung geht, soll sie zum zentralen Knotenpunkt des berlinweiten Netzwerkes zur Suchtprävention werden.

„Wir versprechen uns von dieser zentralen Stelle mehr Systematik bei der Suchtprävention in Berlin“, sagt Christine Köhler-Azara, Leiterin des Büros für Suchtprävention bei der Senatsgesundheitsverwaltung. Sie solle Ausstrahlung in die gesamte Stadt haben, die bisherige Präventionsarbeit effektivieren und den Kunden einen besseren Service bieten.

Träger der Einrichtung ist der Verein „parents and youngsters against drug abuse“ (pad e.V.). Im September erhielt der Verein den Zuschlag. Pad gründete sich in den frühen 90er-Jahren, um die nach der Wende erwartete Drogenwelle im Osten zu bekämpfen.

Die Finanzierung der neuen Fachstelle steht laut Auskunft der Gesundheitsverwaltung seit Oktober. Bis Ende 2007 ist das Projekt gesichert. Dem Verein stehen 474.000 Euro pro Jahr plus projektbezogene Zuschüsse zur Verfügung. Das sind Mittel für sechs Vollzeitstellen.

In enger Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung soll die Fachstelle die Präventionsressourcen der Stadt bündeln. So sollen Früherkennung und Intervention bei Risikokonsumenten von Tabak, Alkohol und Cannabis gestärkt werden.

Die Idee einer berlinweiten Koordination der Präventionsarbeit ist nicht neu. Bereits vor etwa 20 Jahren gab es die erste Einrichtung dieser Art in Zürich. Dort ist das Konzept inzwischen ein Erfolgsmodell und wird im gesamten Kanton angewandt.

Zu den Aufgaben der Netzwerkstelle gehören Öffentlichkeitsarbeit, Bereitstellung von Informationen sowie die Beratung und Unterstützung von Multiplikatoren, zum Beispiel Lehrer, Eltern und Sozialpädagogen. Die Ausrichtung der Fachstelle beruht auf den Vorschlägen einer Expertise aus dem Jahr 2003. Sie untersuchte den Stand der Suchtprävention in Berlin.

Cannabis-Experimente bleiben zumeist folgenlos

Insbesondere auf verändertes Suchtverhalten Jugendlicher soll die Fachstelle eingehen.Es gibt kaum noch Neueinsteiger bei harten Drogen, insbesondere Heroin. Dafür probiert ein Großteil der 13- bis 17-Jährigen Cannabis. Bei den meisten bleibt diese Phase des Experimentierens ohne Folgen. Es gibt aber einen kleinen Teil, der Cannabis regelmäßig in großen Mengen konsumiert. Diese Jugendlichen bekommen häufig Probleme, ihren Alltag auf die Reihe zu bekommen. Ein Anzeichen dafür ist die gestiegene Anzahl derjenigen Minderjährigen, die unter dem Einfluss von Cannabis polizeilich auffällig wurden.

Die Arbeit der Suchtprävention soll sich nun auf diese Gruppe der 13- bis 17-Jährigen konzentrieren. Bereits in den letzten Jahren wurden solche speziellen Angebote entwickelt. „Mit den klassischen Angeboten kommen wir nicht an die Jugendlichen heran“, sagt Monika Wojak vom Drogenreferat der Senatsgesundheitsverwaltung, „Wir brauchen zeitgemäße Strategien und dürfen nicht mit dem erhobenen Zeigefinger in die Beratungen gehen.“

Um die Fachstelle zu finanzieren, seien einige kleine Präventionsinitiativen in West-Berlin dichtgemacht wurden, klagen Betroffene. Dieses Finanzierungskonzept sorgte daher beim Fachtag „Perspektiven der Suchtprävention“ vor einigen Wochen für eine hitzige Debatte. Vor allem die Drogenkoordination Charlottenburg-Wilmersdorf – sie ist am stärksten von den Kürzungen betroffen – argumentierte gegen die neue Einrichtung. Alle anderen Bezirke und sogar einige derjenigen Initiativen, die geschlossen wurden, befürworten die Einrichtung der neuen Fachstelle.