CO2-Endlager gesucht

VON BERNWARD JANZING

Auf der Klimakonferenz in Montreal war es ein großes Thema: In Zukunft sollen Kohle- und Gaskraftwerke CO2-frei Strom erzeugen. Dies soll geschehen, indem das Treibhausgas, das bei der Verbrennung fossiler Energieträger zwangsläufig entsteht, zurückgewonnen und anschließend endgelagert wird. Das Prinzip wird Sequestrierung bezeichnet.

Doch so einfach ist das Verfahren nicht. Erstens ist die Technik der Abtrennung recht anspruchsvoll und noch lange nicht in der Größenordnung erprobt, wie man es für Großkraftwerke bräuchte. Zweitens ist noch nicht abschließend geklärt, in welchen geologischen Lagerstätten das Gas tatsächlich langfristig sicher eingeschlossen werden kann.

Eine der Optionen gilt ohnehin als nicht verantwortbar: „Eine Ablagerung in den Tiefen des Meeres lehnen wir strikt ab“, sagt Franz May von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover. Denn in den Ozeanen sei die Gefahr zu groß, dass das Gas wieder ungewollt in die Biosphäre gelangt – die Konsequenzen für Mensch und Natur wären nicht kalkulierbar. „Auch die meisten anderen Länder sind daher von diesem Verfahren abgerückt“, sagt May.

Während man in Europa auch von Kohleflözen bereits abgerückt ist, seien Erdgasfelder und Tiefenwässer denkbare Lagerstätten. Allerdings müsse noch reichlich Grundlagenforschung betrieben werden, bis man im Detail wisse, welche geologischen Formationen tatsächlich in Frage kämen. Folglich könne nicht seriös beurteilt werden, wie groß die Potenziale in Deutschland sind.

Entsprechend glaubt auch die Energiewirtschaft nicht an eine allzu schnelle Umsetzung einer großtechnischen CO2-Abtrennung. „Vielleicht in 10 bis 15 Jahren“ könne die Technik einsetzbar sein, heißt es in einem Bericht der VGB PowerTech in Essen, einem Zusammenschluss der Kraftwerkswirtschaft. Auch Felix Christian Matthes vom Öko-Institut in Berlin dämpft die mancherorts herrschende Euphorie. Die bestehenden Kraftwerke für die Abtrennung des Treibhausgases seien „überhaupt nicht brauchbar“. Man benötige völlig neue Anlagen, in deren Abgasstrom die CO2-Konzentration höher liegt als in den heutigen Anlagen. Der Glaube, man könne die bestehenden Kraftwerke mit einer CO2-Abscheidung nachrüsten, sei „eine Illusion“.

Zudem, meint Matthes, sei „der Beitrag der Sequestrierung für den Klimaschutz begrenzt“. Selbst wenn die Technik, der Matthes durchaus „mehr Chancen als Risiken“ attestiert, eines Tages etabliert sei, könne sie höchstens 10 Prozent der Klimaschutzverpflichtungen Deutschlands abdecken – es fehle schlicht an Lagerstätten in großem Umfang.

Vor allem aber ist es der Energieverlust, der eine CO2-Abtrennung im großen Stil unattraktiv macht. Der Brennstoffbedarf der Kraftwerke wird durch die CO2-Abtrennung um etwa 25 Prozent ansteigen – was wiederum erhebliche Kosten verursacht. So schätzt der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen, dass sich „beim großtechnischen Einsatz der geologischen Sequestrierung die Stromkosten für den Endverbraucher um 40 bis 100 Prozent erhöhen“ könnten. Szenarien gehen von Kosten zwischen 75 und 250 Euro für Abtrennung, Transport und Ablagerung einer Tonne CO2 aus.

Das beste Argument gegen die teure Sequestrierung liefert der Emissionshandel. Denn an den Märkten wird die Tonne CO2 derzeit für rund 21 Euro gehandelt. Das heißt: Es ist heute erheblich billiger, durch Energieeffizienz CO2-Emissionen zu vermeiden, als entstandenes Treibhausgas zu entsorgen.