Steuersystem benachteiligt Kinder

Staat schreibt sich 80.000 Euro in seinem Sozial- und Steuersystem gut – pro Kind. „Starke Familie“-Gutachter der Robert-Bosch-Stiftung fordern Kinderrente, Familiensplitting und besseren Kündigungsschutz für allein Erziehende

BERLIN taz ■ Kinder nutzen allen, doch für sie zahlen müssen allein die Eltern. Deshalb würde das Steuer- und Sozialsystem „auf schwer wiegende Weise die Familien wirtschaftlich diskriminieren“, stellte gestern eine Expertenkommission der Robert-Bosch-Stiftung in ihrem Bericht „Starke Familie“ fest.

Das Gremium „Familie und demografischer Wandel“ um den Politiker Kurt Biedenkopf, den Chef des Münchener ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, und die protestantische Bischöfin Margot Käßmann übergab seinen Bericht an Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU.) In dem Papier wird errechnet, dass ein Kind mit einer durchschnittlichen Erwerbsbiografie 77.000 Euro mehr Steuern und Beiträge an den Staat zahlt, als es durch staatliche Leistungen bekommt. Ein gutes Geschäft für den Staat, finden die konservativen Wissenschaftler, und fordern vom Gesetzgeber dieses Geld an die Familien zurückzugeben.

„Hauptursache der Diskriminierung ist die Rentenversicherung“, sagte Kurt Biedenkopf. Schließlich führten Familienarbeit wie Erziehung dazu, dass das erziehende Elternteil jahrelang keinen Beruf ausüben könne. Dies führe zu geringeren Renten als bei Arbeitnehmern, die ihre Berufsbiografie nicht wegen Kindererziehung unterbrechen müssen. Die Kommission schlägt daher vor, eine „Kinderrente“ einzuführen. Diese soll „unabhängig von der Erwerbstätigkeit der Eltern gewährt“ werden und mit der Anzahl der Kinder steigen.

Außerdem wollen Biedenkopf und Co. das Ehegattensplitting zu einem Familiensplitting umwandeln – Kinder sollen also in die Erwerbsgemeinschaft der Eltern einbezogen werden. Mit dieser Maßnahme will die Kommission Menschen mit vielen Kindern für ihre finanziellen Aufwendungen entschädigen. Kinderlose und Kinderarme sollen sich „auf privatem Wege um eine ergänzende Absicherung im Alter bemühen“.

Nach Meinung der Kommission ist der Kündigungsschutz für allein Erziehende mit Kindern wichtiger als für ältere Menschen. Dies sollen Firmen künftig bei ihren Entscheidungen berücksichtigen.

Aus diesem Grunde zweifelt die Kommission den Sinn der von der Großen Koalition geplanten zweijährigen Probezeit beim Kündigungsschutz an. Dies würde junge Leute davor zurückschrecken lassen, eine Familie zu gründen. Zudem befürworten die Kommissionsmitglieder das Elterngeld, den Ausbau von Betreuungsangeboten und familienfreundliche Arbeitszeitmodelle. DANIEL SCHULZ