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Eine schlechte Nachricht für Tellerwäscher: In den USA ist ein verschärftes Einwanderungsgesetz verabschiedet und – ganz nebenbei – auch die beliebte „Green Card“-Lotterie abgeschafft worden

von ARNO FRANK

Es ist das Ende einer Ära, das da am Freitag vom US-Repräsentantenhauses mit 239 zu 182 Stimmen beschlossen wurde. Wenn das verschärfte Einwanderungsgesetz in Kraft tritt, soll hauptsächlich der illegale Aufenthalt in den USA unter Strafe gestellt und ein 1.100 Kilometer langer Grenzzaun zu Mexiko gezogen werden. Ganz nebenbei wird aber auch die „Green Card“-Lotterie abgeschafft – und damit der Traum von einem Leben im selbst ernannten „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, den Umfragen zufolge fast fünf Prozent aller Deutschen träumen.

Rund 140.000 solcher unbeschränkter Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen hat die USA jährlich vergeben, etwa 55.000 davon durch eine Internet-Lotterie. Voraussetzung war eine zwölfjährige Schulbildung mit dem entsprechenden Abschluss, wahlweise auch zwei Jahre Erfahrung in einem Beruf mit mindestens zweijähriger Ausbildungszeit.

Ein Allheilmittel

Eingeführt wurde die Regelung 1994, aber erfunden hat sie Ronald Reagan schon 1987. Von seiner Idee versprach sich der damalige US-Präsident die Lösung von gleich zwei Problemen gleichzeitig: Erstens wollte er – rein theoretisch – dem Millionenheer illegaler Einwanderer aus Mexiko die Möglichkeit einer nachträglichen Einbürgerung gewähren, zweitens seiner boomenden Wirtschaft Zugriff auf qualifizierte Arbeitskräfte aus anderen Ländern ermöglichen. Auch wenn die Strahlkraft der USA als „land of the free“ in jüngster Zeit etwas nachgelassen hat: Nach Auskunft des US-Außenministeriums gab es allein 2004 fast sechs Millionen Bewerbungen um eine Green Card.

Illegale Einwanderer aber, die sich durch Teilnahme an der elektronischen Lotterie nachträglich um eine Legalisierung ihres Status bemühen wollten, gerieten dadurch nur schneller ins Visier der Ermittlungsbehörden – und wurden automatisch abgeschoben. Auch wenn sie als eine Art Freibrief für die Freiheit vermarktet wurde, war die „Green Card“-Lotterie also immer schon ein Instrument zur Einwanderungsregulierung. „In Zeiten des Terrorismus können wir nicht mit der Sicherheit spielen“, sagte denn auch der republikanische Abgeordnete Robert Goodlatte und verwies auf die Attentäter vom 11. September, die ebenfalls mit einer Green Card in die USA gereist waren.

Schon zuvor aber war die „Diversity Visa Lottery“, wie das Verfahren offiziell heißt, nicht für alle Bewerber offen. Aus Furcht vor Industriespionage – nicht vor Terror – wurden kurzerhand alle Bewerber aus Mexiko, China, Russland und Indien ausgeschlossen.

Hierzulande war es Thomas Schäuble (CDU), damals Justizminister von Baden-Württemberg, der in der Diskussion um eine deutsche Version der Green Card vor ausländischen Spionen warnte, die unter dem Deckmäntelchen der Arbeit deutsches Know-how abgreifen könnten. Die Debatte wurde aber nicht weiter vertieft, denn die seinerzeit heftig umworbenen „Computer-Inder“ blieben lieber zu Hause – oder wanderten, Gipfel der Undankbarkeit, gleich nach Amerika aus.

Amerika, schockstarr und paranoid, will sie nun aber auch nicht mehr haben, macht die Schotten dicht und zieht die Zugbrücken ein. Daraus ergibt sich nicht nur für die deutsche IT-Branche die reizvolle Perspektive, sich ausländischen Fachleuten als verregnete Alternative zum Silicon Valley anzubieten.

Im Hinblick auf Globalisierung und Wissenstransfer könnte der Stopp des Programms auch als Fortschritt gewertet werden: Der ehemalige Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) lehnte damals eine deutsche Regelung mit der Begründung ab, die Abwerbung von qualifizierten Arbeitskräften verhindere die wirtschaftliche Entwicklung in deren jeweiligen Heimatländern.

Im Klartext: Die Green Card diene der „Fortsetzung des Kolonialismus“.