Daumen runter!

Nach der Übernahme von „TV Today“ und „TV Spielfilm“ probt Burda, wie man richtig Programmzeitschriften macht: mit möglichst wenig Redaktion

Von CHRISTIAN BARTELS
und PETER LULEY

Vergangene Woche war in Hamburg Totentanz. In der angemessen gruftigen Atmosphäre des Hamburger Clubs Waagenbau trafen sich Redakteure und Ehemalige der Programmzeitschrift TV Today und des Magazin-Verlags am Fleetrand (MVF) zur Abschiedsfeier. Die zuletzt noch 40-köpfige Redaktion der Programmzeitschrift wird bis Weihnachten aufgelöst – obwohl das Heft mit über 660.000 Exemplaren im dritten Quartal 2005 immer noch eine recht stattliche verkaufte Auflage hat.

Doch TV Today wird nicht etwa eingestellt – ab der zweiten Ausgabe aber befüllt die Redaktion des Mitbewerbers TV Spielfilm das Heft in optisch unveränderter Form. Beide Titel erscheinen inzwischen bei Hubert Burda Media (Bunte, Focus). Im Oktober jubelte der Offenburger Verlag, man schaffe „Deutschlands größten Werbeträger unter den Kaufzeitschriften“. Den Anzeigenkunden werden dank „identischer Heftstruktur und gleichartiger Themenumfelder“ mehr als 9,4 Millionen Leser versprochen. Käufer dagegen sollen die Blätter weiterhin als „nebeneinander konkurrierende Medienmarken“ wahrnehmen. Das lasse sich schon an „zwei völlig separaten Titelbildern“ (Burda) erkennen. „Bis zu zehn neue Stellen“ würden geschaffen, hieß es weiter – eine reichlich euphemistische Formulierung für die Entlassung der 30 restlichen Redaktionsmitglieder bei TV Today.

Geplant ist, die Texte im Programmteil von TV Spielfilm auch für TV Today zu übernehmen. Nur die Wertungen darunter sollen hier die Form des bekannten Spielfilm-Daumens, dort das gewohnte Boller-Design haben. Damit produziert die TV-Spielfilm-Redaktion nun drei Programmzeitschriften: neben den beiden 14-tägigen im Auftrag von Ex-TV-Today-Besitzer Gruner+Jahr auch die TV-Beilage des Stern.

Gruner+Jahr hatte den Fleetrand-Verlag 1994 gegründet, um mit TV Today in den damals boomenden Markt der 14-tägigen Programmies einzusteigen. Das hat nicht funktioniert. Die Auflage der spät gestarteten TV Today erreichte nie die der Konkurrenten TV Spielfilm und TV Movie. Zehn Jahre später wollte G+J das Heft samt Verlag dann endgültig loswerden. Zeitschriften-Vorstand Bernd Buchholz, der kürzlich die Pressevielfalt um Titel wie Healthy Living, Park Avenue und Viva! bereicherte, verkündete 2004 vor damals noch über 100 Beschäftigten, nicht den Großverlag Axel Springer, sondern „den Hamburger Kaufmann“ Hans Barlach als Käufer ausgewählt zu haben. Der Verleger der lokalen Boulevardzeitung Mopo böte dem Objekt „eine Perspektive“. Das war ein Irrtum. In Wahrheit fungierte der Bildhauer-Enkel Barlach als Strohmann des Kunstfreundes Hubert Burda. Ob G+J das wusste, daran scheiden sich in Hamburg immer noch die Geister. Immerhin fand man nichts dabei, die TV-Beilage des Flaggschiffs Stern danach vom Konkurrenten herstellen zu lassen.

Nach seiner Enttarnung hielt Burda zunächst 49 Prozent am MVF, der längst vom namensgebenden Fleetrand an die Hamburger Peripherie umgezogen ist. Zugleich hatten die Offenburger die Verlagsgruppe Milchstraße (Max, TV Spielfilm) übernommen und dort rund 150 Entlassungen durchgesetzt. Im April 2005 übernahm Burda auch TV Today komplett, immer noch wurde der Redaktion Eigenständigkeit versprochen. „Offenbar bedeutet ein solches Bekenntnis im Hause Burda aber den Verlust von Arbeitsplätzen“, beklagte die Hamburger DJV-Landesvorsitzende Marina Friedt, als die Zusammenlegung dann doch beschlossen war.

Mag sein, dass sich Waschmaschinen und Wasserhähne billiger herstellen lassen, wenn man Marken aufkauft, die Herstellung zusammenlegt und die Produkte den Kunden anschließend mit größerer Gewinnspanne verkauft. Spannend ist nun die Frage, ob das Rezept auch im Zeitschriftenmarkt aufgeht. Die erste neue TV Today ist am Freitag, 13. Januar, erhältlich. Ob das so ein gutes Omen ist?