Kuchen als Kompensation

Holländerinnen in deutschen Betrieben erleben bisweilen blaue Wunder – eine kleine Weihnachtsgeschichte

Neulich saß ich mit vier Holländerinnen an einem Tisch. Sie hatten einst in Holland studiert, dann einen Deutschen geheiratet und waren nach Westberlin gezogen, wo sie Kinder bekamen und sie groß zogen.

Drei hatten sich danach scheiden lassen, einer war der Mann gestorben. Nun arbeiteten alle vier in irgendwelchen Büros, denn von irgendwas mussten sie ja leben. Dieses Leben wurden ihnen jedoch zunehmend von ihren deutschen Arbeitskolleginnen vermiest.

Bei der einen, die in einem Krankenhaus arbeitete, war es die Eifersucht ihrer Abteilungsleiterin, die ein Verhältnis mit dem Chef hatte. Sie tat alles, um die Holländerin wegzumobben, die deswegen schon eine Mobbing-Beratungsstelle aufgesucht hatte. Bei der anderen Holländerin war es ähnlich, wobei ihre deutsche Kollegin inzwischen schon regelrechte „Stasimethoden“ anwandte, indem sie ihren Vorgesetzten z. B. laufend berichtete, was die Holländerin nun wieder falsch oder fehlerhaft gemacht hatte oder dass sie zu spät gekommen bzw. zu früh gegangen sei. Dabei war keine der anderen übergeordnet.

Mittlerweile scheute die deutsche Kollegin nicht einmal mehr davor zurück, den Papierkorb der Holländerin nach belastendem Material zu durchsuchen und sich sogar in deren Computerprogramme einzuloggen. Wenn die Vorgesetzten mal wieder eine Schlichtungssitzung einberaumten und die deutsche Kollegin dort über ihre letzten Auseinandersetzungen mit der Holländerin berichtete, tat sie dies unverschämterweise auch in einem nachgeäfften Akzent.

Die dritte Holländerin arbeitete in einem Bezirksamt und hatte sich bereits zweimal in ein anderes Büro versetzen lassen, um ihren mobbenden deutschen Kolleginnen zu entkommen. Nun war sie aber schon wieder kurz davor, sich versetzen zu lassen. Die vierte Holländerin arbeitete seit zwei Jahren in einem großen Architekturbüro und litt darunter, dass ihre Kolleginnen, mit denen sie täglich zum Essen ging, nach Möglichkeit ohne sie am Tisch Platz nahmen und auch sonst alles taten, um die Holländerin nicht in ihre Gespräche mit einzubeziehen.

Sie verhielten sich so dermaßen „korrekt“ und blieben stets strikt „im Dienstlichen“, dass die Holländerin schon manches Mal auf Toilette gehen musste, um sich auszuheulen. Diese ganze Bitternis kompensierten die vier Holländerinnen nun mit Viel-Kuchen-Essen. HELMUT HÖGE