Beckstein lässt Islamisten-Treff schließen

Im Neu-Ulmer Multikulturhaus verkehrten seit Jahren namhafte Islamisten und so genannte Hassprediger. Nach mehreren Razzien und Ermittlungsverfahren hat Bayerns Innenminister das Gebäude nun beschlagnahmt und den Trägerverein verboten

VON CHRISTIAN RATH

Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) hat gestern ein islamistisches Zentrum in Neu-Ulm, das so genannte Multikulturhaus (MKH), dichtgemacht. Auch der Trägerverein wurde verboten, weil er laut Begründung des Innenministeriums „in aggressiv-kämpferischer Weise“ gegen die Verfassung und die Völkerverständigung hetze sowie zur Gewalt aufrufe.

Das MKH stand wegen seiner berühmten Besucher schon häufig im Licht der Öffentlichkeit. So verkehrte dort der von der CIA entführte Deutschlibanese Khaled al-Masri. Doch mit ihm hat das jetzige Verbot nichts zu tun. „Al-Masri war im MKH nur eine Randfigur“, hieß es gestern aus dem Münchener Innenministerium.

Wichtiger war der Deutschägypter Reda Seyam, dem eine Beteiligung an einem Al-Qaida-Anschlag in Bali nachgesagt wurde, aber bisher nicht bewiesen werden konnte. Er gehörte zu den MKH-Aktivisten, zog jedoch im Herbst 2004 nach Berlin. Auch der deutsche Muslim Thomas Fischer, der 2003 als Partisan im Tschetschenienkrieg getötet wurde, hatte Kontakt zum Multikulturhaus.

In dem Neu-Ulmer Treffpunkt verkehrten vor allem muslimische Araber und einige konvertierte Deutsche. Nach Angaben des bayerischen Innenministeriums kamen rund 100 Personen regelmäßig in das Kulturzentrum und die angeschlossene Moschee. Die Zahl der extremistischen Drahtzieher wurde mit „rund zehn“ angegeben.

Ab acht Uhr durchsuchten gestern 90 Polizisten den Flachbau, der in einem Neu-Ulmer Gewerbegebiet liegt, und transportierten knapp 100 Kisten mit Unterlagen ab. Als Beweismittel für die extremistischen Umtriebe zitierte Becksteins Ministerium gestern aus Büchern und Audiokassetten, die bereits im September im MKH beschlagnahmt worden waren. „Oh Würdiger, oh Liebesfreundlicher, schicke uns Bomben, die Juden umzubringen“, soll es etwa auf einer Kassette mit dem Titel „Nein zu den Juden“ heißen.

Aus einem sichergestellten Schulbuch zitieren die Beamten den Satz: „Sollten sich die Nichtmuslime weigern, dem Beispiel der Gläubigen zu folgen, bestehe die Pflicht, sie zu töten.“ Bisher sind laut Sicherheitsbehörden erst zehn Prozent der im September beschlagnahmten Unterlagen ausgewertet worden, weil fast alle Papiere vorher übersetzt werden müssen.

Schon das ganze Jahr über war das MKH Ziel unterschiedlicher staatlicher Aktivitäten. Im Januar gab es strafrechtliche Ermittlungen inklusive Hausdurchsuchung wegen des Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung. Im Februar ließ die Stadt Neu-Ulm das MKH durchsuchen, weil dort ohne gewerberechtliche Erlaubnis Waren verkauft worden sein sollen. Außerdem wurden zwei Aktivisten, Vater und Sohn Y., im Verlauf des Jahres als „Hassprediger“ ausgewiesen.

Beschlagnahmt wurden gestern auch das Haus und Grundstück des MKH, obwohl diese einer Privatperson, dem ehemaligen Vorsitzenden des Trägervereins, gehören. Sobald das Vereinsverbot bestandskräftig wird, ist der bayerische Staat Eigentümer der Immobilie und kann sie selbst nutzen oder verkaufen.

Vorher dürfte der ganze Fall aber noch von einem Gericht überprüft werden. Das MKH kann Rechtsmittel gegen das Vereinsverbot einlegen, der Eigentümer gegen die Einziehung seines Hauses. Innenminister Beckstein verteidigte die Beschlagnahme der Immobilie gestern damit, dass der Eigentümer genau wusste, was in seinem Räumen passierte. „Wir wollen deutlich machen“, sagte Beckstein, „welches finanzielle Risiko bösgläubige Unterstützter verfassungswidriger Vereine eingehen.“