Haftstrafen für Westerwälder Neonazis

Trotz Tränen und vorgetragener Reue: Richter sprechen Mitglieder der „Kameradschaft Westerwald“ schuldig

KOBLENZ taz ■ Das Landgericht Koblenz hat gestern vier weitere Mitglieder der rechtsextremen „Kameradschaft Westerwald“ zu Freiheitsstrafen zwischen zwei und drei Jahren verurteilt. Ein Angeklagter kam mit einer Geldstrafe davon. Die höchste Strafe – drei Jahre Haft – bekam Lars Heinz. Nach Ansicht des Gerichts war der „Kamerad“ der Haupttäter bei einem Überfall der Gruppe auf Besucher eines Punkkonzertes Ende 2004 in Daaden gewesen.

Der 23-Jährige war bei seinem Schlusswort in Tränen ausgebrochen und hatte versichert, dass eigentlich ein NPD-Mann auf die Anklagebank gehöre. Dieser habe die Kameradschaft zu Gewalttaten aufgerufen. Der Staatsanwaltschaft warf er vor, sie habe den NPDler nur nicht angeklagt, weil der für den Verfassungsschutz arbeite.

Zwei Jahre und zehn Monate Haft verhängte das Gericht gegen Timo Purper, unter anderem wegen des gewalttätigen Überfalls auf das Punkkonzert. Auch Purper schwor in seinem Schlusswort dem Rechtsradikalismus ab und versprach den Opfern „finanzielle Wiedergutmachung“. Es nutzte ihm so wenig wie Nikolai H., der wegen seiner Beteiligung in Daaden, einem gewalttätigen Angriff auf einen Schwarzen und Brandstiftung zu zwei Jahren und drei Monaten Jugendstrafe verurteilt wurde. Der Angeklagte Dirk L. bekam eine Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung.

Mit einer Geldstrafe von 5.400 Euro kam der NPD-Funktionär Christian Steup davon. Er gehörte zwar dem Vorstand der vom Gericht als kriminelle Vereinigung bewerteten Kameradschaft an. Nach Zeugenaussagen soll er aber vor der Anwendung von Gewalt gewarnt haben. Steub wurde deshalb als einziger der insgesamt 16 Angeklagten nur wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verurteilt: Bei dem jungen Nationaldemokraten, der im Westerwald bei den Bundestagswahlen als Direktkandidat für die NPD antrat, waren drei Übungshandgranaten gefunden worden.

In seinem Schlusswort hatte Steub das Verfahren als „Schauprozess gegen national gesinnte Menschen“ bezeichnet und den Sympathisanten im Publikum zugerufen: „Ich glaube an euch – und an Deutschland.“ Dafür gab es viel Beifall. Und Richter Georg Göttgen drohte mit Saalräumung.

Das Verfahren um die „Kameradschaft Westerwald“ dürfte mit den Urteilen nicht zu Ende sein. Laut Oberstaatsanwalt Walter Schmengler bereiten die Ermittler weitere Anklagen vor. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT