Hamburg baut zu wenige Wohnungen

Neubauten und Baugenehmigungen sind weiter rückläufig. SPD warnt mittelfristig vor neuer Wohnungsnot. Verbände schätzen den Bedarf auf mehr als das Doppelte. Die Stadtentwicklungsbehörde setzt auf die Marktwirtschaft

von gernot knödler

Der Wohnungsbau in Hamburg ist weiter rückläufig und das, obwohl schon seit Jahren zu wenige Wohnungen gebaut werden. In den ersten drei Monaten des zu Ende gehenden Jahres waren es gut elf Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Zahl der Baugenehmigungen verringerte sich um knapp zwölf Prozent. „Der Senat versagt im Bereich des Wohnungsbaus und damit auf einem für Hamburg zentralen Feld“, schimpft der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Jan Quast. Die Wohnungswirtschaft halte sich derzeit bundesweit mit Investitionen zurück, kontert eine Sprecherin der Stadtentwicklungsbehörde.

Während im ersten Dreivierteljahr 2005 in Hamburg nur gut 2.000 Wohnungen fertig gestellt wurden, waren es im gleichen Zeitraum 2004 noch rund 2.300. Im gesamten Jahr 2004 sind knapp 3.900 neue Wohnungen entstanden. Das ist etwas mehr als der Durchschnitt der Jahre 2002 bis 2004 mit rund 3.800 Wohnungen, für die die CDU als Regierungspartei die Verantwortung trägt. In der Wohnungswirtschaft rechnet man mit einem jährlichen Neubaubedarf von 5.000 bis 8.000 Wohnungen, der zuletzt in der Zeit der rot-grünen Koalition im Rathaus gedeckt wurde.

„Unabhängig von einem Mehr an Nachfrage ist es so, dass ein Gebäude wie ein Auto nicht ewig hält“, sagt Rainer Maaß vom Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW). „Wir haben in Hamburg einen Gebäudebestand aus den 50er Jahren für den es sich nicht lohnt, einen müden Euro auszugeben.“ Dazu komme das Senatsleitbild „Wachsende Stadt“. Wer es ernst nehme, müsse Neubauten planen.

Peter Uhlenbrock vom Grundeigentümerverband Hamburg hält einen Neubaubedarf von rund 5.000 Wohnungen pro Jahr für realistisch. „Es wird knapper werden“, prognostiziert er, nicht zuletzt weil der Bedarf an Wohnfläche wegen der wachsenden Zahl an Single-Haushalten weiter zunehmen werde. Mit einer gewissen Verzögerung werde dann auch wieder in den frei finanzierten Wohnungsbau investiert. Derzeit seien Bauherren wegen der unsicheren wirtschaftlichen Lage zurückhaltend.

„Der Markt bestimmt, was gebaut wird“, sagt Behördensprecherin Kerstin Feddersen. Dass jedes Jahr zehn Prozent (13.000) der städtischen SAGA/GWG-Wohnungen frei würden und neu vermietet werden könnten, spreche gegen eine Wohnungsnot. Ebenso, dass die Fördergelder des Senats nicht zu 100 Prozent abgefordert würden.

Der SPD-Abgeordnete Quast, sieht dennoch schwarz: „Bausenator und Bürgermeister nehmen die Gefahr in Kauf, mittelfristig eine neue Wohnungsnot zu bekommen.“ Der Senat müsse den Neubau insbesondere über SAGA und GWG ankurbeln. Stattdessen entziehe er den Unternehmen durch deren geplante Fusion in den kommenden Jahren 600 Millionen Euro.