Schritt zum Frieden ärgert die Krieger

Neuer Premierminister der Elfenbeinküste bildet nach langen Verhandlungen Kabinett. Präsident Gbagbo geschwächt

BERLIN taz ■ Der neue überparteiliche Premierminister der Elfenbeinküste, Charles Konan Banny, hat am Mittwoch eine neue Allparteienregierung für das westafrikanische Bürgerkriegsland vorgestellt. Sie soll das seit 2002 zwischen Regierung und Rebellen geteilte Land wiedervereinigen und bis Oktober 2006 freie Wahlen abhalten. Doch die Proteste, die Bannys Kabinett bei Anhängern von Staatschef Laurent Gbagbo hervorrief, lassen Schlimmes befürchten.

Gbagbo-treue Jugendmilizen, die so genannten Jungen Patrioten, gingen am Mittwochabend in der Hauptstadt Abidjan auf die Straße und lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei. Am Nachmittag hatte Banny eine 32-köpfige Ministerriege präsentiert, in der Gbagbos Ivorische Volksfront (FPI) kein einziges Schlüsselministerium mehr hält. Die zur Kontrolle des Militärs wichtigen Posten für Verteidigung und Inneres gehen an parteilose Vertreter der „Zivilgesellschaft“. Rebellenführer Guillaume Soro, dessen Truppen die Nordhälfte des Landes kontrollieren, wird Wiederaufbauminister und protokollarisch zweiter Mann der Regierung hinter dem Premier. Das Justizministerium geht an die Rebellen, das Außenministerium an die zivile Opposition, und das zur Kontrolle der Staatsfinanzen wichtige Finanz- und Wirtschaftsministerium behält Premier Banny gleich selbst.

Insgesamt gehen sieben Ministerien an Gbagbos FPI, sechs an die Rebellen, je fünf an die beiden großen Oppositionsparteien PDCI (Demokratische Partei der Elfenbeinküste) und RDR (Demokratische Sammlung der Republikaner), vier an die Zivilgesellschaft und je eines an vier Kleinparteien.

„Ein Staatsstreich“ sei das, schäumte gestern die FPI-Parteiblatt Notre Voie. Die Partei des Staatschefs hatte bis zuletzt darum gekämpft, das Wirtschafts- und Finanzministerium zu behalten. Außerdem will sie, dass die formelle Ernennung der Minister dem Präsidenten vorbehalten bleibt. Das hat der Premier nun ignoriert – was dem geltenden UN-Friedensplan für die Elfenbeinküste entspricht, nicht aber der ivorischen Verfassung. Banny selbst war am 4. Dezember nach wochenlangem Gezerre von einer afrikanischen Vermittlertroika aus den Präsidenten Nigerias, Nigers und Südafrikas ernannt worden. Ob UN-Plan oder Verfassung den höheren Rang in der Elfenbeinküste haben, dürfte in den nächsten Monaten Hauptstreitpunkt in der Politik des Landes werden.

Die Schwäche des neuen Kabinetts besteht darin, dass die bekanntesten Politiker des Landes ihm ferngeblieben sind. Einige bereiten sich auf eine Präsidentschaftskandidatur vor – andere aber glauben nicht an die neue Regierung.

Die Wut der FPI ist allerdings nicht hundertprozentig echt. Der parteilose Innenminister ist ein bisheriger Geheimdienstchef, und längst haben Gbagbos Freunde parallele Machtstrukturen aufgebaut. Der Führer der „Jungen Patrioten“, Charles Blé Goudé, rief denn auch in der Nacht die demonstrierenden Milizionäre im Staatsfernsehen zur Ruhe auf. „Wir haben die Lage unter Kontrolle“, sagte er.

DOMINIC JOHNSON