Toaster schon ab 25.980 Euro zu haben

Fast 25 Millionen Deutsche haben eine HappyDigit-Kundenkarte. Doch Treue ist ein schlechtes Geschäft geworden. Für die Prämien muss man ewig einzahlen. Und die Kaiser‘s-Tengelmann-Kette hat zum Jahresanfang ihren Rabatt einfach halbiert

von STEFFEN GRIMBERG

„Haben Sie eine Kundenkarte?“ Auch wenn an vielen Kassen im deutschen Einzelhandel die Begrüßung und erst recht jeglicher zwischenmenschlicher Schwatz längst abgeschafft ist: Diese Frage bleibt. HappyDigits, das Kundenfängerprogramm von Karstadt, Telekom und Kaiser’s/Tengelmann, will beispielsweise noch in diesem Monat die 25-millionste Karte an die Kundschaft bringen.

Mit jeden Einkauf werden Punkte gesammelt, für die es Sachprämien oder Einkaufsgutscheine gibt. Doch wer seit Jahresanfang in einer der 718 deutschen Filialen von Kaiser’s oder Tengelmann einkaufen geht, sammelt künftig doppelt so lange an seinen Prämienpunkten. Galt bisher die Faustregel „1 Euro gleich 1 Prämienpunkt“, müssen ab sofort 2 Euro umgesetzt werden. „Stimmt, wir haben die Leistungen halbiert“, sagt Tengelmann-Sprecherin Sandra Trienekens. Denn Befragungen hätten ergeben, dass die werte Kundschaft neben dem Punktesammeln per Karte auch die „Treueaktionen mit den Klebeherzchen“ liebt, die an die alten Rabattmarken erinnern. Zu hunderten aufgeklebt, lassen sie sich gegen Bratpfannen oder Töpfe eintauschen. Und das müsse schließlich auch irgendwie finanziert werden.

Ist der Boom der Kundenkarten also wieder vorbei, weil mittlerweile alle für alle Unternehmen das passende Stück Plastik dabei haben? Bei der „Customer Advantage Program GmbH“, die das HappyDigits-Bonussystem betreibt, will man davon nichts wissen. „Die Loyalität ist auf jeden Fall noch gegeben“, sagt eine Sprecherin. Bis zu 80 Prozent der Karten würden regelmäßig eingesetzt. HappyDigits ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Karstadt-Quelle und Telekom; Marktführer bei den Bonussystemen ist Payback mit 28 Millionen Karten, die unter anderem von Kaufhof, Real, dm und OBI ausgegeben werden.

Dabei sind vermeintlichen Kundenvorteile oft nur Augenwischerei: Das alte Rabattgesetz sah früher bis zu 3 Prozent Rabatt vor. Der Durchschnitt bei HappyDigits oder Payback liegt heute nur noch bei maximal 1,5 bis 2 Prozent. Im Lebensmittelhandel, wo die Karten am weitaus häufigsten eingesetzt werden, ist es oft noch weniger. Wer sich einen Angeber-Toaster von Siemens im Porsche-Design (12.990 Digits) zusammenpunkten will, müsste bei Kaiser’s/Tengelmann also für absurde 25.980 Euro einkaufen. Und selbst für einen bescheidenen 15-Euro-Einkaufsgutschein muss man der Firma zuerst 3.000 Euro in die Kasse spülen.

Verbraucherschützer sorgen sich außerdem, dass die Kundendaten weitergegeben werden könnten. „Solange die Bedingungen transparent sind, ist das nicht verwerflich“, sagt Christian Fronczak vom Verbraucherzentrale-Bundesverband. Zumindest die Großen der Branche hielten sich auch an Beschränkungen. HappyDigits hat sich seinen Datenschutz sogar vom TÜV zertifizieren lassen. „Vieles bleibt aber eine Black Box: Man sieht nur, was am Ende herauskommt, wenn plötzlich gezielte Werbeanrufe oder Reklamepost ins Haus kommen“, sagt Franczak. Er fordert vor allem, die Weitergabe von Adressen zu Werbezwecken nur noch als sogenannte „opt-in“-Variante zuzulassen: Die Verbraucher müssen dort aktiv ankreuzen, dass sie Werbung wünschen.

Kaiser’s/Tengelmann verhält sich hier bereits mustergültig. Und konnte daher ein Viertel der eigenen Bonuskarten-Kunden nicht davon informieren, dass die Rabatte nun halbiert sind. Denn diese Kunden hatten der Zusendung von Werbematerial per Post nicht zugestimmt.