Wowereit und Rot-Grün
: Locken, drohen, profilieren

Nein, völlig neu ist allen Beteiligten der Gedanke sicher nicht. Der Gedanke an eine SPD-Grünen-Koalition im Senat. Immerhin gab es das vor viereinhalb Jahren schon einmal, wenn auch nur wenige Monate lang. Bislang hatte der Regierende Bürgermeister jedoch Rot-Rot als Modell auch für die Zukunft nach der Abgeordnetenhauswahl gepriesen. Jetzt preist Wowereit Rot-Grün als Alternative zu Rot-Rot. Damit hat er nicht nur den Wahlkampf eröffnet. Wowereit diszipliniert damit auch mögliche Koalitionspartner.

KOMMENTAR VON MATTHIAS LOHRE

Die Grünen können es nicht erwarten, endlich die freudlose Opposition zu verlassen. Ihre Kritik am Senat ist immer wohl temperiert. Meist sachlich und nie zu heftig, um die SPD oder die Linkspartei zu vergrätzen. Wowereits Zwinkern könnte die Grünen zu noch weniger Spitzen gegen den Senat bewegen. Und eine stille Opposition schadet nie, erst recht nicht vor Wahlen.

Anders sieht die Sache bei der Linkspartei aus. Seit einem Dreivierteljahr plagt sie sich mit der eigenbrötlerischen WASG ab. Selbst die Bundesspitze beider Parteien muss sich mit den Streitenden in der politischen Provinz abgeben. Wowereits Grünen-Avancen lassen sich daher auch als Drohung an die Linkspartei verstehen: „Löst euer WASG-Problem, bevor es in den Wahlkampf gerät. Ich habe mehrere mögliche Koalitionspartner, ihr von der Ex-PDS nicht.“

Auch die SPD selbst hat etwas davon, wenn sie als eigenständige Partei wahrgenommen wird. In vier Jahren ist aus einem umstrittenen Projekt das erstaunlich harmonisch regierende „Rot-Rot“ geworden. Nun muss Wowereits Partei ihr Profil schärfen. Da hilft ein wenig Abstand von den SozialistInnen. Sonst verbinden die WählerInnen mit dem Wort „sozial“ die Linkspartei, nicht die SPD.