Neuer potenzieller Verlierer

Nun wird Friedbert Pflüger als CDU-Spitzenkandidat gehandelt. Der könnte die absehbare Niederlage bei der Abgeordnetenhauswahl problemlos verkraften

Einen unschlagbaren Vorteil hätte der neue CDU-Hoffnungsträger: Friedbert Pflüger könnte problemlos den Spitzenkandidaten geben und trotzdem nach der Abgeordnetenhauswahl 2006 auf dem gut dotierten Posten des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesverteidigungsministerium sitzen bleiben. Die – nach derzeitigen Umfragen unausweichliche – Niederlage täte ihm nicht weh.

So schnell kann’s gehen. Hatte der CDU-Landesverband bei der Kandidatensuche erst Ende vergangener Woche eisernes Schweigen bis Ende Januar vereinbart, wird seit dem Wochenende ein neuer Kandidat durchs Dorf getrieben: Friedbert Pflüger, 50, nicht nur Staatssekretär, sondern auch Vizelandeschef in Niedersachsen und Bundestagsabgeordneter, könnte laut Medienberichten die verwirrte CDU in die Abgeordnetenhauswahl 2006 führen.

Von ganz oben dürfte es wenige Einwände geben. Pflügers Verhältnis zu Bundeskanzlerin Angela Merkel gilt als gut – auch wenn die Bundes-CDU Meldungen dementiert, nach denen Pflüger ihr bevorzugter Kandidat sei. Der Vorschlag findet bei prominenten CDUlern ein offenes Ohr. So sprach sich etwa der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker für Pflüger aus. Er sei in Berlin „erfahren und erprobt, sowohl aus der Zeit der Teilung der Stadt wie nach ihrer Wiedervereinigung“, sagt Weizsäcker. Dem Landesverband fehle „ein Ausblick über die Ost-West-Problematik in der Hauptstadt und in Deutschland, auch im internationalen Kontext.“ Dass sich ausgerechnet Weizsäcker zu Wort meldet, ist kein Zufall. Pflüger war Weizsäckers Pressesprecher während dessen Amtszeit als Bundespräsident.

Pflüger selbst hat sich bisher nicht geäußert. In der Fraktion können sich manche sein Engagement durchaus vorstellen. „Er hat nichts zu verlieren. Selbst wenn er eine Niederlage einfährt, hätte er sich in einer aussichtslosen Situation in die Bresche geworfen – und damit für andere Aufgaben qualifiziert“, sagt ein Abgeordneter.

Jenseits solch strategischer Überlegungen stößt Pflüger in Teilen der Berliner CDU auf Skepsis. Er unterstützte 1992 die Reform des Abtreibungsparagrafen 218, warnte die Union 1994 vor einem Rechtsruck und nahm 2000 Stellung zur CDU-Spendenaffäre. Zudem kämpfte Pflüger vehement gegen der Regierungsumzug von Bonn nach Berlin. Im Bundestag sagte er 1991: „Mein politisches Vaterland ist die Bonner Republik.“ Die Hauptstadt-CDU mag provinziell sein, vergesslich ist sie nicht.

Ob Pflüger das Rennen macht, ist also keinesfalls sicher. Sicher ist aber, dass jeder Tag der überstürzten Kandidatensuche dem ramponierten Image der CDU weitere Kratzer hinzufügt. Der ehemalige Finanzsenator Peter Kurth warnte seine Partei davor, auf einen Spitzenkandidaten aus den eigenen Reihen zu setzen. Der Landesvorstand habe nach wie vor den Auftrag, einen Kandidaten von außen zu suchen.

Die Landespartei will die neuen Gerüchte um Pflüger nicht kommentieren. „Die Akte Kandidatenfindung bleibt bis zum 31. Januar geschlossen“, sagt Generalsekretär Frank Henkel. „Erst dann wird der Öffentlichkeit ein Kandidat bekannt gegeben.“ Dass sich die CDU daran hält, wird wohl ein frommer Wunsch bleiben. US