grüne spitze
: Parteinachwuchs ohne Gesicht

Die Christdemokraten zerlegen sich derzeit vor aller Augen bei der Suche nach einem Spitzenverantwortlichen für die absehbare Niederlage bei der Abgeordnetenhauswahl. Die einst so streitlustigen Grünen hingegen können in aller Ruhe gleich zwei profilierte Frauen ins Rennen schicken. Dabei gibt es öffentlich nicht einmal den Hauch von Streit zwischen der alten Spitzenkandidatin Sibyll Klotz und der wohl kommenden Franziska Eichstädt-Bohlig. Und dennoch müssen die Grünen aufpassen, dass sie nicht schon in Kürze ähnliche Probleme bekommen wie die Berliner Union.

KOMMENTAR VON GEREON ASMUTH

Denn Eichstädt-Bohlig steht nun wahrlich nicht für einen großen Schritt in die politische Zukunft Berlins. Nichts gegen eine 64-Jährige. Manche Politiker in diesem Alter wirken frischer als die Anfang-30-Jährigen bei der Konkurrenz. Aber sie wirken auch profilierter als ein Großteil des eigenen Parteinachwuchses.

Dort fehlt es den Grünen an Alternativen. Zwar müht sich die Partei mit Schulungen, Praktika und Förderprogrammen, eine neue Politikergeneration heranzuziehen. Heraus kommen dabei aber in erster Linie kluge Taktierer, versierte Parteistrategen, die vielleicht erfolgreich die Strippen im Hinterzimmer ziehen können. Als Zugpferd für den Wahlkampf eignen sie sich nicht.

Kein Wunder, dass Eichstädt-Bohlig, deren Generation in den Kämpfen der politisch wilderen 80er-Jahren Ecken und Kanten bekam, konkurrenzlos an die Spitze der Berliner Grünen eilen kann. Für die Wahl im September mag das noch reichen. Danach aber muss die Partei nach einem Rezept suchen, wie sie streitbares, junges Personal gewinnt. Typen, bei denen der Wähler weiß, wofür sie stehen. Ansonsten droht die Partei so profillos wie ihre Protagonisten zu werden.